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Gesellschaft

Deutscher Chemiker

Karl Ziegler 

Mülheim an der Ruhr, 8. Mai 2008

l Ziegler

Karl

, Bronzebüste, gestaltet 1964 von Professor Herbert

n, Mülheim an der Ruhr (Foto T. Hobirk 2008; Standort Max-

Kühn

nck-Institut für Kohlenforsch

Plan

ung, Mülheim an der Ruhr).

Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, Mülheim 
an der Ruhr. Oben: Altbau von 1914 am Kaiser-Wilhelm-Platz. Unten:
Laborhochhaus von 1967 an der Ecke Lembkestraße/Margaretenplatz
(Fotos G. Fink, M. W. Haenel, um 1988).

 

Historische Stätten der Chemie 

 

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Bronzetafel neben dem Eingang des Altbaus des Kaiser-Wilhelm-/Max-
Planck-Instituts für Kohlenforschung am Kaiser-Wilhelm Platz 1, Mül-
heim an der Ruhr (Foto M. Teske 2008). 

Mit dem Programm „

Historische Stätten der Chemie

würdigt die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh)
Leistungen von geschichtlichem Rang in der Chemie. Zu 
den Zielen des Programms gehört, die Erinnerung an das 
kulturelle Erbe der Chemie wach zu halten und diese Wis-
senschaft sowie ihre historischen Wurzeln stärker in das 
Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken. So werden die 
Wirkungsstätten von Wissenschaftlerinnen oder Wissen-
schaftlern als Orte der Erinnerung in einem feierlichen
Akt ausgezeichnet. Außerdem wird eine Broschüre er-
stellt, die das wissenschaftliche Werk der Laureaten einer 
breiten Öffentlichkeit näherbringt und die Tragweite ihrer 
Arbeiten im aktuellen Kontext beschreibt.  

Am 

8. Mai 2008

gedachten die GDCh und das Max-

Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der 
Ruhr des Wirkens von KARL ZIEGLER, der mit seinen
bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet der organischen
Chemie zu den Begründern der metallorganischen Che-
mie und insbesondere der metallorganischen Katalyse 
zählt. Das 1953 angemeldete Patent zur Herstellung von
hochmolekularem Polyethylen bei Normaldruck und
Raumtemperatur mit Hilfe von „metallorganischen 
Mischkatalysatoren“ aus Aluminiumalkyl- und Über-
gangsmetallverbindungen startete eine Innovationskette, 
die zur stürmischen Entwicklung der großtechnischen 
Herstellung von Polyolefinen führte. Polyolefine wie 
Polyethylen und Polypropylen finden als ökonomisch 
attraktive und umweltfreundliche Kunststoffe vielfältige
Anwendungen und stellen heute über die Hälfte aller 
organischen Plastikmaterialien, die weltweit in etwa 200 
Millionen Tonnen pro Jahr produziert werden. Wie eine
Initialzündung wirkte die Entdeckung von 1953 auch auf 
die Entwicklung der metallorganischen Komplexkatalyse, 
der sogenannten homogenen Katalyse mit löslichen Me-
tallverbindungen, die heute zu den bedeutendsten und 
innovativsten Gebieten der Chemie gehört und für die
Synthese organischer Chemikalien in der chemischen und 
pharmazeutischen Industrie größte wirtschaftliche und 
technische Bedeutung besitzt. Karl Ziegler und seine 
Chemie fanden weltweite Anerkennung. Er erhielt 1963
den Nobelpreis für Chemie gemeinsam mit Giulio Natta, 
der die Stereochemie der Polymerisation von Propylen 
mit Ziegler-Katalysatoren aufklärte. Aus der langen Reihe
weiterer Ehrungen, die nachstehend im Anschluss an die 
Lebensdaten aufgelistet sind, seien genannt die Ehren-
doktorate der Technischen Universität Hannover (1951),
der Universität Gießen (1958), der Universität Heidelberg 
(1958) und der Technischen Universität Darmstadt 
(1968), sowie die Ernennung zum Ehrensenator der Max-
Planck-Gesellschaft (1968). Karl Ziegler erhielt 1964 das 
Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der 
Bundesrepublik Deutschland und wurde 1969 Mitglied 
des Ordens „Pour le Mérite“ für Wissenschaften und 
Künste (vormals „Friedensklasse“) in Nachfolge von Otto 
Hahn. Die Stadt Mülheim verlieh ihm 1963 die Ehren-
bürgerschaft und gab 1974 dem städtischen naturwissen-
schaftlichen Gymnasium den Namen „Karl-Ziegler-Schu-
le“. Von 1943 bis 1969 war Karl Ziegler Direktor des
Instituts für Kohlenforschung der Kaiser-Wilhelm- bzw.
seit 1949 der Max-Planck-Gesellschaft. Die Lizenzein-
nahmen aus den Patenten machten das Institut für einen
Zeitraum von über 40 Jahren finanziell unabhängig und 

ermöglichten die Errichtung neuer Gebäude sowie eine 
starke personelle Erweiterung. Eine dauerhafte finanzielle
Förderung erhielt das Institut durch die Einrichtung des
Ziegler-Fonds (1968) und der Ziegler-Stiftung (1970), die 
mit ihren Erträgen bis heute einen erheblichen Anteil zum 
Institutshaushalt beisteuern. Die Stadt Mülheim verdankt 
ihrem Ehrenbürger Karl Ziegler und seiner Frau Maria die
Stiftung einer bedeutenden Gemäldesammlung der Kunst 
des 20. Jahrhunderts. Karl Ziegler war 1946 Mitbegründer 
und bis 1951 erster Präsident der GDCh. Die GDCh ver-
leiht den von seiner Tochter, Frau Dr. Marianne Witte,
gestifteten Karl-Ziegler-Preis sowie den Karl-Ziegler-För-
derpreis.

Lebensdaten 

26.11.1898 

Sommer 1915 
1916 – 1920 

03.08.1920 

Promotion zum Dr. phil. an der Universi-
tät Marburg bei Karl von Auwers mit der 
Arbeit „Untersuchungen über Semiben-
zole und verwandte Verbindungen“.

11.03.1922 

Heirat mit der Marburgerin Maria Kurtz; 
aus der Ehe stammen Tochter Marianne 
und Sohn Erhard.

1923 

Habilitation an der Universität Marburg
mit der Arbeit „Zur Kenntnis des drei-
wertigen Kohlenstoffs: Über Tetra-aryl-
allyl-Radikale und ihre Derivate“.

2

Karl Ziegler wird in Helsa bei Kassel als
zweiter Sohn des Pfarrers Carl August 
Ziegler und seiner Ehefrau Luise, geb.
Rall, geboren; Jugend in Helsa und ab 
1910 in Marburg. 
Abitur am Realgymnasium Marburg.
Chemie-Studium an der Universität 
Marburg.

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1925/1926 befristeter 

Lehrauftrag bei Julius von

Braun an der Universität Frankfurt am 
Main. 

1926 

Privatdozent bei Karl Freudenberg an der 
Universität Heidelberg.

18.01.1928 

Ernennung zum außerordentlichen Pro-
fessor an der Universität Heidelberg. 

1936 

Gastprofessor an der Universität Chicago, 
USA.

1936 – 1945 

ordentlicher Professor und Direktor des
Chemischen Instituts der Universität 
Halle an der Saale. 

01.10.1943 Direktor 

des 

Kaiser-Wilhelm-Instituts für 

Kohlenforschung in Mülheim an der 
Ruhr als Nachfolger von Franz Fischer.

1946  

Mitbegründer der Gesellschaft Deutscher 
Chemiker in der Britischen Zone am 
20.09.1946 in Göttingen und Vorsitzen-
der bis 1949. 

15.08.1949 

Ernennung zum Honorarprofessor an der 
Rheinisch-Westfälischen Technischen 
Hochschule Aachen. 

1949 – 1951  

Präsident der Gesellschaft Deutscher 
Chemiker in Frankfurt am Main nach der 
Vereinigung der regionalen Gesellschaf-
ten am 20.09.1949. 

1952 Gastvorlesungen an den Universitäten 

Madison und Urbana (USA).

1954 – 1957 

Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft 
für Mineralölwissenschaft und 
Kohlechemie (DGMK).

1955 – 1957 

Vorsitzender der Chemisch-Physikalisch-
Technischen Sektion und Senator der 
Max-Planck-Gesellschaft.

09.07.1969 Emeritierung und Amtsübergabe an 

Günther Wilke. 

1970 – 1971 

Präsident der Rheinisch-Westfälischen
Akademie der Wissenschaften in 
Düsseldorf.

11.08.1973 

Karl Ziegler stirbt 74-jährig in Mülheim 
an der Ruhr und wird auf dem Haupt-
friedhof beigesetzt. 

Ehrungen

Ehrendoktorate 

1951 

Technische Hochschule Hannover (Dr. 
rer. nat. e. h.).

1958 Universität 

Gießen 

(Dr. rer. nat. h. c.).

1958 Universität 

Heidelberg (Dr. rer. nat. h. c.). 

1968 

Technische Hochschule Darmstadt (Dr.
Ing. e. h.).

Auszeichnungen

1935 

Liebig-Denkmünze des Vereins Deut-
scher Chemiker. 

1953 Carl-Duisberg-Plakette der Gesellschaft 

Deutscher Chemiker.

1955 

Lavoisier-Medaille der Société Chimique 
de France.

Carl-Engler-Medaille der Deutschen 
Gesellschaft für Mineralölwissenschaft 
und Kohlechemie e.V.

1961 Siemens-Ring 

der Werner-von-Siemens-

Stiftung.

1962 Jobs-Statuette 

der 

Mülheimer Bürgerge-

sellschaft „Mausefalle“ gemeinsam mit 
dem Mülheimer Maler Otto Pankok. 

1963 

Nobelpreis für Chemie gemeinsam mit 
Giulio Natta.

1964 

Swinburne Medal of The Plastics 
Institute, London.

1964 

Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern
und Schulterband der Bundesrepublik 
Deutschland. 
International Synthetic Rubber Medal of 
„Rubber and Plastics Age“. 

1969 

Orden Pour le Mérite für Wissenschaften 
und Künste (vormals „Friedensklasse“) in
Nachfolge von Otto Hahn. 

1971 Carl-Dietrich-Harries-Plakette 

der 

Deut-

schen Kautschukgesellschaft.

1971 

Wilhelm-Exner-Medaille des Österreichi-
schen Gewerbevereins.

Ehrenmitgliedschaften 

1958 Chemical 

Society of Japan.

1959 Society of Chemical Industry, London.
1959 Ehrenhäuptling 

der 

Ponca-Indianer, 

eines Stammes der Sioux.

1963 Ehrenbürger 

der 

Stadt Mülheim an der 

Ruhr.

1966 

New York Academy of Sciences. 

1966 

Société de Chimie Industrielle, Paris. 

1968 

Gesellschaft Deutscher Chemiker.

1968 Ehrensenator 

der 

Max-Planck-Gesell-

schaft zur Förderung der Wissenschaf-
ten.

1969 Verwaltungsrat des Max-Planck-Instituts

für Kohlenforschung.

1971 

Foreign Member der Royal Society, 
London.
Foreign Honorary Fellow der Royal

Mitgliedschaften in Akademien 

Bayerische Akademie der Wissenschaften in 
München. 
Akademie der Wissenschaften Göttingen. 
Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina in 
Halle an der Saale. 
Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaf-
ten in Düsseldorf (Gründungspräsident 1970/71).

3

1958 

1967 

1972 

Society of Edinburgh.

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4

Die Nobelpreisträger für Chemie 1963 Karl Ziegler (links, Foto T. Binz)
und Giulio Natta (rechts). 

Am 10.12.1963 nahm Karl Ziegler, zwei Wochen nach 

seinem 65. Geburtstag, den Nobelpreis für Chemie aus
der Hand des Königs Gustav VI. Adolf von Schweden
entgegen. Den Preis teilte er sich mit Giulio Natta, Pro-
fessor für industrielle Chemie in Mailand. In der Laudatio 
würdigte Professor Arne Fredga, Mitglied des Nobel-Ko-
mitees der Königlichen Schwedischen Akademie der 
Wissenschaften, die Leistungen der beiden Preisträger mit 
folgenden Worten (A. Fredga, 1972, Übersetzung des 
englischen Textes):

„Unsere Epoche hat erlebt, wie althergebrachte Materi-

alien mehr und mehr durch Kunststoffe verdrängt werden. 
Wir wissen, dass Glas, Porzellan, Holz, Metalle, Gebeine 
und Horn in vielen Fällen durch Plastikmaterialien ersetzt 
werden. Diese neuen Materialien können leichter sein,
weniger zerbrechlich, vielleicht auch einfacher zu formen 
oder zu bearbeiten. Man sagt schon, wir leben im Plastik-
zeitalter.“ 

„Die Plastikmaterialien bestehen aus sehr großen Mole-

külen, Makromolekülen, oft langen Ketten aus Tausenden
von Atomen. Sie entstehen dadurch, dass Moleküle von
gewöhnlicher Größe als Grundbausteine dienen, die mit-
einander verbunden werden. Diese Moleküle müssen re-
aktionsfreudig sein, aber häufig ist eine zusätzliche Unter-
stützung von Außen notwendig, damit sie sich verbinden.
Häufig bedient man sich der Unterstützung von freien
Radikalen, die zur Auslösung der Polymerisationsreaktion 
zugesetzt werden. Mit dem Begriff „freie Radikale“ könn-
te man auch eine politische Bedeutung verbinden, und tat-
sächlich haben freie Radikale vieles mit Revolutionären 
gemein: Sie sind energiereich, schwer kontrollierbar und 
haben unkalkulierbare Auswirkungen. Polymerisations-
reaktionen mit freien Radikalen führen daher zu Polymer-
ketten mit Verzweigungen und anderen Anomalien.“ 

„Professor Ziegler jedoch hat völlig neue Methoden zur 

Polymerisation gefunden. Bei Untersuchungen über me-
tallorganische Verbindungen entdeckte er, dass Organo-
aluminium-Verbindungen leicht herstellbar und für An-
wendungen im industriellen Maßstab gut geeignet sind. In
einer Kohlenwasserstoffkette, die an ein Aluminiumatom 
gebunden ist, wirken im Bereich der Aluminium–Kohlen-
stoff-Bindung besondere elektrische Kräfte: Reaktions-
freudige Moleküle werden angezogen und zwischen das 
Kohlenstoff- und Aluminiumatom eingeschoben, wo-

durch die Kette verlängert wird. Dies läuft alles sehr viel
leichter ab als bei Reaktionen mit freien Radikalen. Wenn
die Kette lang genug ist, lösen wir das Aluminium ab und 
stoppen damit das weitere Wachstum des Moleküls. 
Durch Kombination von Aluminiumverbindungen mit 
Verbindungen anderer Metalle erhält man Ziegler-Kata-
lysatoren. Mit ihrer Hilfe können Polymerisationsreak-
tionen gesteuert und Molekülketten in jeder gewünschten 
Länge hergestellt werden. Hinter diesem Erfolg steht 
natürlich sehr viel systematisches Experimentieren, aber 
auch die eine oder andere zufällige Beobachtung hat dazu 
beigetragen. Die Ziegler-Katalysatoren haben inzwischen 
breite Anwendung gefunden, sie haben Polymerisations-
prozesse einfacher und wirtschaftlicher gemacht sowie zu
neuen und besseren Kunststoffen geführt.“ 

„Die einzelnen Moleküle, die zu Polymeren aneinan-

dergereiht werden, sind häufig so gebaut, dass die entste-
hende Kette an bestimmten Stellen kleine Seitengruppen
oder Seitenketten trägt, im allgemeinen an jedem zweiten
Kohlenstoffatom. Dann wird es aber komplizierter, denn
diese Seitengruppen können entweder nach links oder 
rechts orientiert sein. Wenn ihre Orientierungen statistisch
verteilt sind, hat die 
Polymerkette eine 
räumlich unregelmä-
ßige Konfiguration.
Professor Natta hat 
jedoch gefunden,
dass mit gewissen 
Typen von Ziegler-
Katalysatoren stereo-
reguläre Makromole-
küle erhalten werden,
d. h. Makromoleküle
mit räumlich einheit-
licher Struktur. Sol-
che Polymerketten, in
denen die Seitengrup-
pen alle nach rechts 
oder nach links wei-
sen, werden isotak-
tisch genannt. Aber 
wie ist das möglich, 

König Gustav VI. Adolf von Schweden gratuliert Professor Karl Ziegler 
zur Verleihung des Chemie-Nobelpreises für das Jahr 1963 

(

Foto Kyrgo-

gath, Stockholm, Schweden). 

Karl Ziegler tanzt mit seiner Enkeltochter 
Cordula Witte bei dem Bankett der Nobel-
preisverleihung (Foto L. Euling, Stock-
holm, Schweden).

KARL ZIEGLER – WANDERER ZU GIPFELN DER METALLORGANISCHEN CHEMIE

 

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wenn die Mikrostruktur des Katalysators vermutlich sehr 
unregelmäßig ist? Das Geheimnis ist die molekulare Um-
gebung des Metallatoms, an dem neue Moleküleinheiten, 
wie zuvor beschrieben, in die Kette eingefügt werden. 
Diese Umgebung ist so gestaltet, dass nur eine definierte
Orientierung der Seitengruppen möglich ist.“

„Die Polymeren mit isotaktischen Ketten haben sehr 

interessante Eigenschaften. Die Kohlenstoffkette von
gewöhnlichen Kohlenwasserstoffen hat eine Zickzack-
form. Isotaktische Ketten sind dagegen zu einer Spirale 
gewunden, wobei die Seitengruppen nach Außen weisen.
Aus derartigen Polymeren lassen sich ganz neuartige 
Synthetikfasern herstellen, u. a. Textilgewebe, die leicht, 
aber gleichzeitig auch fest sind, oder Taue, die auf dem 
Wasser schwimmen, um nur zwei Beispiele zu nennen.“

„In der Natur werden viele stereoreguläre Polymere, 

zum Beispiel Cellulose und Kautschuk synthetisiert, wo-
bei Biokatalysatoren, Enzyme genannt, benutzt werden. 
Diese Fähigkeit haben wir bisher als ein Monopol der 
Natur angesehen. Jetzt hat Professor Natta dieses Mono-
pol gebrochen.“  

„In seinen letzten Lebensjahren hat Alfred Nobel viel 

über die Herstellung von künstlichem Kautschuk nachge-
dacht. Seither sind viele kautschukartige Stoffe dargestellt 
worden. Aber erst mit Hilfe der Ziegler-Katalysatoren ist 
es möglich, ein Material zu synthetisieren, das mit Natur-
kautschuk identisch ist.“ 

Besser und treffender als in dieser Laudatio von Profes-

sor Fredga hätte man die Leistungen der beiden Preisträ-
ger wohl nicht mit wenigen Sätzen zusammenfassen und 
würdigen können. Karl Ziegler, 1963 in Stockholm auf 
dem Höhepunkt seiner über 40-jährigen akademischen
Laufbahn angelangt, skizziert in seinem Nobel-Vortrag 
„Folgen und Werdegang einer Erfindung“ den „langen
und gewundenen“ wissenschaftlichen Weg, der mit den 
ersten selbständigen Arbeiten über freie Kohlenstoffradi-
kale zur Habilitation 1923 in Marburg begonnen und 
schließlich zur Entdeckung der Niederdruck-Polymerisa-
tion des Ethylens im Oktober 1953 in Mülheim geführt 
hat. Der Gang seiner Forschungsarbeiten entwickelte sich 
mit wenigen Ausnahmen aus dem Wechselspiel von Ex-
periment, Beobachtung, theoretischer Schlussfolgerung 

Die Moleküle CH

2

=CH

2

 des Gases Ethylen werden mit Ziegler-Katalysatoren zu langen linearen Kohlenstoffketten

er-K

Kaattaly

yssatoreen

n zzu

u laan

ng

gen

–(CH

2

–CH

2

)

n

– des Polyethylens verknüpft. Jedes Kohlenstoffatom des Polyethylenmoleküls, dargestellt als Zick-

fatto

om

m

m dess P

Polyetthy

yleen

nm

m

mo

olle

n

zackkette in der Papierebene, trägt zwei Wasserstoffatome, wovon aufgrund der tetraedrischen Bindungsgeometrie 

derr

trae

der aliphatischen Kohlenstoffatome jeweils das eine oberhalb und das andere unterhalb der Papierebene angeordnet 
ist. Propylen CH

3

CH=CH

2

 unterscheidet sich von Ethylen durch eine zusätzliche Methyl-Gruppe (CH

3

-Gruppe), 

die ein Wasserstoffatom des Ethylens ersetzt. In den Polypropylenmolekülen trägt daher jedes zweite Kohlenstoff-
atom der Zickzackkette anstelle eines Wasserstoffatoms eine Methylgruppe, die entweder oberhalb oder unterhalb 
der Papierebene angeordnet sein kann (die beiden Wasserstoffatome an den unteren Kohlenstoffatomen der Zick-
zackkette sind aus Gründen der Übersichtlichkeit weggelassen). Bei der Polymerisation von Propylen tritt daher be-
züglich der Anordnung der Methylgruppen eine sogenannte Stereoisomerie auf, und man unterscheidet nach Giulio 
Natta drei Strukturtypen: a) isotaktisches Polypropylen mit einheitlicher Anordnung der Methylgruppen entweder 
alle oberhalb oder alle unterhalb der Papierebene, b) syndiotaktisches Polypropylen mit streng alternierender An-
ordnung der Methylgruppen und c) ataktisches Polypropylen mit statistischer Anordnung der Methylgruppen. Mit 
bestimmten Ziegler-Katalysatoren kann man eine stereospezifische Polymerisation zu isotaktischem oder syndio-
taktischem Polypropylen erreichen, die im Gegensatz zu ataktischem Polypropylen zum großen Teil kristallin und
daher als Werkstoffe von Interesse sind. Hiervon hat isotaktisches Polypropylen als vielseitig einsetzbarer Kunst-
stoff mit hoher Steifigkeit und Zähigkeit die weitaus größte Bedeutung.

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6

und neuem Experiment. Beobachtungen, die in vorange-
gangenen Arbeiten gemacht wurden, waren Wegweiser in 
neue, unbekannte Gebiete der organischen Chemie. Die-
ses Vorgehen führte Zieglers Forschung in einer Kausal-
kette von den ersten Arbeiten über freie Radikale zu alka-
limetallorganischen Verbindungen, zu aluminiumorgani-
schen Verbindungen und schließlich zu metallorganischen 
Mischkatalysatoren, die großtechnische Bedeutung für die
Herstellung von Kunststoffen erlangten. Für seinen beein-
druckenden wissenschaftlichen Weg, der nur wenige Ab-
zweigungen in kürzere Seitenwege zu anderen Gebieten
der organischen Chemie aufweist, benutzte Karl Ziegler 
in Vorträgen häufig den Vergleich mit einem Wanderer:
„Eigentlich war das ganze Geheimnis nichts anderes, als
dass wir – ich spreche in der Mehrzahl, weil natürlich 
sehr viele tüchtige Mitarbeiter an dem Ganzen teilgenom-
men haben – mit offenen Augen und wachem Verstand 
eine Wanderung in ein noch unerschlossenes, aber un-
zweifelhaft interessantes Gebiet der organischen Chemie
unternommen haben.“ In seinem Nobel-Vortrag sagte er: 
„Mein Weg glich einer Wanderung durch ein neues Land, 
bei der sich immer wieder interessante Ausblicke boten,
bei der man auch häufig ein Stück des zu gehenden We-
ges übersehen konnte, bei der man aber doch nie wusste, 
wohin die Reise eigentlich ging. Ich habe jahrzehntelang 
nicht im Entferntesten daran gedacht, dass auch techni-
sche Erfolge an meinem Weg liegen würden.“

JUGEND,

CHEMIESTUDIUM, PROMOTION UND 

HABILITATION IN MARBURG 

Karl Ziegler kam am 26. November 1998 im Pfarrhaus

der Gemeinde Helsa bei Kassel als zweiter Sohn des Pfar-
rers Carl August Ziegler und seiner Frau Luise, geborene
Rall, zur Welt. Er ging zunächst in Kassel-Bettenhausen 
in die Volksschule und besuchte anschließend das Gym-
nasium in Kassel. 1910 siedelte die Familie nach Marburg 
um, wo er bis zum Abitur im Sommer 1915 das Realgym-
nasium besuchte. Anschließend konnte er in seiner neuen
Heimatstadt Chemie studieren, wurde aber noch im letz-
ten Kriegsjahr als Soldat an der Westfront eingesetzt.
Trotz dieser Unterbrechung promovierte Karl Ziegler „mit 
Auszeichnung“ bereits im August 1920, noch nicht ein-

mal 22-jährig, bei Karl von Auwers in Marburg. Die Dis-
sertation „Untersuchungen über Semibenzole und ver-
wandte Verbindungen“ führte zu drei Veröffentlichungen 
zusammen mit seinem Doktorvater.  

Direkt nach der Promotion suchte Karl Ziegler, ermun-

tert von Karl von Auwers, nach eigenen Forschungsthe-
men. Um 1920 waren freie Kohlenstoffradikale vom Typ 
des Triphenylmethyls
(C

6

H

5

)

3

C· (

1

), das Moses 

Gomberg im Jahr 1900 
bei Versuchen zur Her-
stellung von Hexaphenyl-
ethan erstmals in Lösung 
beobachtet hatte, sehr ak-
tuell und die Frage nach
der Ursache ihrer Bestän-
digkeit wurde lebhaft dis-
kutiert. In diesem Zusam-
menhang kam der Ge-
danke auf, auch nach 
einem Trivinylmethyl zu
suchen, um eine Ana-
logie von aromatischen
und ungesättigten alipha-
tischen Substituenten bei
der Stabilisierung von Radikalen zu prüfen. Mit dem 
1,1,3,3-Tetraphenylallyl (

2

) gelang Karl Ziegler 1923 die 

Synthese eines ersten freien Kohlenstoffradikals mit ei-
nem ungesättigten aliphatischen Substituenten. Die Er-
gebnisse dieser Arbeiten über Radikale sind in der Habi-
litationsschrift zusammengefasst und 1923 in den Anna-
len der Chemie als 1. Mitteilung einer Serie „Zur Kennt-
nis des dreiwertigen Kohlenstoffs“ veröffentlicht (K. 
Ziegler, 1923). Die Radikale beschäftigten Karl Ziegler 
über 27 Jahre immer wieder, so dass bis 1950 insgesamt 
24 Mitteilungen dieser Serie erschienen.  

ikal (

k

Da Rad

Raad

diik  

2

2

thyl (

l (

enylme

) gegenüber Triph

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ph

heen

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1

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weitaus geringe Tendenz zur Dimerisierung aufwies,

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stellte sich Frage, in wieweit die olefinische Doppelbin-
dung hierfür verantwortlich ist. Dazu sollte untersucht 
werden, was aus dem Radikal bei Hydrierung der Doppel-
bindung wurde. Da das Radikal selbst nicht hydriert 
werden konnte, sollte die Hydrierung an einer Vorstufe 
durchgeführt werden, wofür der Tetraphenylallylethyl-
ether (

3

) geeignet erschien. Karl Ziegler wollte die 

Hydrierung indirekt über eine Anlagerung von Alkali-
metall an die Doppelbindung und anschließende Hydro-
lyse mit Wasser erreichen. Denn Wilhelm Schlenk hatte 
einige Jahre zuvor nachgewiesen, dass Alkalimetalle an 
aromatisch substituierte Doppelbindungen wie z. B. im 
Stilben addieren. Allerdings verlief die Reaktion mit 
Kalium nicht wie gewünscht unter Addition zur Dika-
liumverbindung (

4

), sondern der Ether (

3

) wurde zu

Tetraphenyallylkalium (

5

) und Kaliumethanolat (

6

gespalten. Damit war eine neue, sehr einfache Methode
zur Herstellung von organischen Alkalimetallverbin-
dungen entdeckt und ein attraktiver Zugang in ein neues 
Arbeitsgebiet gefunden. Bis 1950 veröffentlichte Karl

Fackelzug zu Ehren Karl Zieglers in Mülheim am Abend des 5.11.1963
nach Bekanntgabe des Nobelpreises. Vordere Reihe von links: Günther 
O. Schenk, Maria und Karl Ziegler, Günther Wilke und Heinz Martin
(Pressefoto J. Küpper, Mülheim an der Ruhr).

Karl Ziegler im Jahr 1918

6

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7

Ziegler eine zweite Serie von 18 Mitteilungen zu „Unter-
suchungen über alkaliorganische Verbindungen“. 

Selbstverständlich galt es jetzt herauszufinden, welche

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strukturellen Voraussetzungen Ether haben mussten, dass

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sie sich glatt durch Alkalimetalle spalten lassen. Wie sich 
zeigte, werden besonders gut Ether tertiärer Alkohole ge-
spalten, die mindestens einen aromatischen Rest an dem 
tertiären Kohlenstoffatom enthalten. Der einfachste Ether 
dieser Art war der 2-Phenylisopropylmethylether (

7

), und 

dementsprechend wurde das 2-Phenylisopropylkalium (

8

)

die damals am leichtesten zugängliche hochreaktive orga-
nische Kaliumverbindung. 

AUSSERORDENTLICHER PROFESSOR IN 

HEIDELBERG

1925 übernahm Karl Ziegler einen befristeten Lehrauf-

trag am Institut von Julius von Braun in Frankfurt am 
Main. Von hier wechselte er 1926 nach Heidelberg zu 
Karl Freudenberg, der dort kurz zuvor den Lehrstuhl für 
Organische Chemie als Nachfolger von Theodor Curtius
übernommen hatte. Auf Vorschlag von Freudenberg wur-
de Karl Ziegler am 18.01.1928 auf die Stelle eines (nicht 
beamteten) außerordentlichen Professors der Universität 
Heidelberg berufen. 

In Heidelberg wurden die Untersuchungen über „alkali-

organische Verbindungen“ fortgesetzt. Wiederum führte
ein Experiment, das ganz anders verlief als man gedacht 
hatte, zu entscheidenden neuen Erkenntnissen. Karl 
Ziegler ließ sein noch in Marburg entdecktes 2-Phenyliso-
propylkalium (

8

) auf Stilben (

9

) einwirken, in der Hoff-

nung, es würde vielleicht die Dikaliumverbindung (

10

)

gebildet wie in der von Wilhelm Schlenk gefundenen
direkten Addition von metallischem Kalium an Stilben.
Jedoch addierte sich stattdessen die Metall-Kohlenstoff-
verbindung (

8

) an die C=C-Doppelbindung des Stilbens

(

9

) zur Kaliumverbindung (

11

) oder, umgekehrt ausge-

drückt, die C=C-Doppelbindung des Stilbens wurde in die 
Kalium–Kohlenstoff-Bindung von 

8

 eingeschoben. Damit 

hatte Karl Ziegler in kurzer Zeit seine zweite neue Reak-
tion der alkalimetallorganischen Verbindungen entdeckt,
die über das bis dahin Bekannte in der metallorganischen 
Chemie weit hinausging. Denn die Grignardschen Mag-
nesiumverbindungen, die damals das Feld beherrschten, 
addierten sich nur an C=O-Doppelbindungen, aber nicht 
an C=C-Doppelbindungen von Olefinen.  

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6

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5

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10

CH

3

CH

3

In den weiteren Untersuchungen stellte sich heraus,

dass sich nicht alle Olefine und auch nicht alle Akali-
metallverbindungen für die neue Additionsreaktion 
eignen. Die Reaktion war nur mit olefinischen Doppel-
bindungen möglich, die durch geeignete Substituenten
aktiviert waren, zum Beispiel durch die Phenylgruppe  
wie in Styrol (C

6

H

5

CH=CH

2

) und Stilben, oder durch 

eine zweite C=C-Doppelbindung wie im Butadien
(H

2

C=CH

CH=CH

2

). Olefine mit Alkylsubstituenten wie 

das Cyclohexen zeigten keine Reaktion. Allerdings war 
damals das einfachste Olefin, gasförmiges Ethylen
(H

2

C=CH

2

), in Heidelberg nicht verfügbar. In die Unter-

suchungen wurden auch Alkyllithiumverbindungen ein-
bezogen, für die es damals nur die Herstellungsmethode
nach Wilhelm Schlenk durch Erhitzen von Alkylqueck-
silberverbindungen und Lithium in organischen Lösungs-

Karl Ziegler (hintere Reihe rechts) mit seinen akademischen Lehrern
Wilhelm Strecker und Karl von Auwers (von links vordere Reihe
sitzend) sowie O. Jordan, F. Krollpfeifer und H. G. Allardt (von links 
stehend) im Hof des Marburger Chemischen Instituts (1922).

7

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8

mitteln gab. Die Lithiumalkyle addierten sich sehr viel
langsamer an Olefine als das 2-Phenylisopropylkalium (

8

und eigneten sich daher besser für kinetische Messungen
der Additionsreaktion. Beobachtungen zur Reaktivität 
vom Lithiumalkylen gegenüber Alkylhalogeniden, die im 
Zusammenhang mit diesen kinetischen Untersuchungen
gewonnen wurden, führten dann zu einem universellen
Verfahren zur Herstellung von Alkyllithiumverbindun-
gen, z. B. von Butyllithium (

12

) aus Butylchlorid und 

Lithium:

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pen zu Oktan (Wurtz-Fittig-Reaktion) eintritt. Mit dem 

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heute als Standardmethode angewandten Verfahren wurde
sozusagen die Technik der Grignard-Reaktion vom Mag-
nesium auf das Lithium übertragen, wodurch die lithium-
organische Chemie zu einem der fruchtbarsten Gebiete 
der Chemie wurde und heute ein unentbehrliches Werk-
zeug in der organischen Synthese darstellt.

Die Nähe von Heidelberg zu Ludwigshafen, wo bei der 

BASF an synthetischem Kautschuk gearbeitet wurde, hat 
möglicherweise eine Rolle gespielt, Karl Zieglers Interes-
se für die Polymerisation von Butadien zu wecken. Das 
Polymerisationsverfahren von Butadien mit Natrium 
(„Buna“) war ihm geläufig, und er sah in seiner entdeck-
ten Additionsreaktion der Kaliumverbindung (

8

) an Stil-

ben (

9

) den Schlüssel für das Verständnis dieses Polyme-

risationsverfahrens. Das Studium der Polymerisation von
Butadien mit Alkylnatriumverbindungen und Butyl-
lithium und geschicktes „Abfangen“ der primär gebilde-
ten Produkte brachte den Nachweis für eine „stufenweise
metallorganische Synthese“: Die eingesetzte alkalimetall-
organische Verbindung addiert sich an Butadien, wodurch
wieder eine alkalimetallorganische Verbindung entsteht, 
die sich erneut an Butadien addiert. Eine solche sich wie-
derholende Reaktionsfolge wird „anionische Polymerisa-
tion“ genannt. Schließlich gelang auch der analoge Nach-
weis für die Polymerisation von Butadien mit Natrium-
metall, wobei die anfängliche metallorganische Verbin-
dung durch Addition von zwei Natriumatomen an Buta-
dien gebildet wird.

Anfang der 1930-er Jahre wandte sich Karl Ziegler 

einem weiteren Arbeitsgebiet zu, worüber zwischen 1933 
und 1954 unter dem Serientitel „Über vielgliedrige Ring-
systeme“ 14 Mitteilungen erschienen. Diese Arbeiten 
können, um bei dem eingangs gewählten Vergleich mit 
einer „Wanderung“ zu bleiben, als eine der wenigen Ab-
zweigungen vom Hauptweg in andere Gebiete der organi-
schen Chemie betrachtet werden. Offenbar angeregt durch
Untersuchungen von Leopold Ruzicka über die tierischen
Moschus-Duftstoffe Muscon und Zibeton, deren chemi-
schen Strukturen ein 15-gliedriges bzw. 17-gliedriges
Ringketon enthalten, entwickelte Karl Ziegler eine effizi-
ente metallorganische Synthese großer Ringketone mit bis
zu 32 Kohlenstoffatomen. Die Synthesemethode beruhte
auf dem Ringschluss (Cyclisierung) von langkettigen Di-
nitrilen mittels organischen Lithium- oder Natriumamiden
und der Anwendung von extrem hoher Verdünnung. Letz-
teres wurde als einfaches, aber notwendiges Mittel einge-

setzt, um die Bildung von cyclisierten gegenüber gerad-
kettigen polymeren Produkten zu fördern. In die Lehrbü-
cher fand diese Methode als das „Ruggli-Zieglersche Ver-
dünnungsprinzip“ Eingang. Erfolgreich verlief ein Aus-
flug in die Naturstoffchemie, denn über diese Methode
konnte auch das Muscon als Razemat hergestellt werden.
Karl Ziegler behielt anhaltendes Interesse an den Ringver-
bindungen und verfasste noch 1955 ein langes Kapitel 
„Methoden zur Herstellung und Umwandlung großer 
Ringsysteme“ für Houben-Weyl – Methoden der Organi-
schen Chemie, dessen Neuauflage nach 1950 er auch als 
Mitherausgeber zusammen mit Eugen Müller, Otto Bayer 
und Hans Meerwein über viele Jahre begleitete.

ORDENTLICHER PROFESSOR UND 

INSTITUSDIREKTOR IN HALLE 

Die grundlegenden Arbeiten in verschiedenen Gebieten 

der Chemie fanden schon bald die Anerkennung der Fach-
kollegen. 1935 verlieh der damalige Verein deutscher 
Chemiker dem 37-jährigen Karl Ziegler die Liebig-Denk-
münze „für Forschungen auf dem Gebiet der Radikale mit 
dreiwertigem Kohlenstoff und für hervorragend durch-
dachte und sicher ausgearbeitete Synthesen von vielglie-
drigen Ringsystemen“. Nun konnte man ihn auch im 
Reichserziehungsministerium nicht mehr übergehen und
er wurde, obwohl er und seine Frau keinen Hehl aus ihrer 
Ablehnung des Nationalsozialismus machten, 1936 an die
Universität Halle an der Saale als ordentlicher Professor 
und Direktor des chemischen Instituts berufen. Der Lehr-
stuhl bot zunächst größere Forschungsmöglichkeiten, die 
der ausbrechende Krieg aber bald wieder einschränkte. 
Von den früheren Arbeitsgebieten wurden vor allem die
Untersuchungen über Kohlenstoffradikale vorangetrieben, 
aber auch neue Themen in Angriff genommen. Mit dem 

N

-Bromsuccinimid gelang es, ein Reagenz zur selektiven

N

N

Bromierung von Olefinen in der Allyl-Position in die prä-
parative Chemie einzuführen. Die Methode, in Lehrbü-
chern als Wohl-Ziegler-Bromierung bekannt, blieb bis
heute ein wertvolles und nur schwer zu ersetzendes Werk-
zeug der Organischen Synthese. Erneute Ausflüge in die 
Naturstoffchemie führten gemeinsam mit Günter O. 

Professoren und Dozenten des Heidelberger Chemischen und Physika-
lisch-Chemischen Instituts bei der Verabschiedung der Institutssekretä-
rin Frau Weingärtner im Jahr 1930. Von links: Herr Dürr, Emil Braun,
Rudolf Lemberg, Karl Freudenberg, Herr Knopf, Frau Weingärtner, 
Walter Hieber, Ernst Müller, Werner Kuhn, Robert Stollé, Frl. Ella
Sczendzina (als Institutssekretärin später „Chinchilla“ genannt), Wil-
helm Dirscherl, Karl Ziegler und Otto Th. Schmidt. 

8

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9

Schenck zu erfolgreichen Synthesen des Cantharidins, des 
Giftes der spanischen Fliege, sowie des Pflanzenabwehr-
stoffs Ascaridol aus dem amerikanischen Wurmkraut. Die 
Darstellung des Ascaridols aus 

Į

-Terpinen wurde zum 

Lehrbuchbeispiel für eine Photooxidation unter Sensibili-
sierung mit Chlorophyll, das aus Spinat- oder Brennnes-
selblättern extrahiert wurde. 

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Diese Arbeiten dokumentieren Karl Zieglers

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spannte Interessen in der Chemie, doch für seinen weite-

nte ess

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ren wissenschaftlichen Weg war es aber vermutlich von 
größerer Bedeutung, dass auch die Untersuchungen zur 
Polymerisation des Butadiens in Halle weiterliefen. In den
in Heidelberg begonnen Arbeiten hatte sich gezeigt, dass 
die durch alkalimetallorganische Verbindungen ausgelös-
te Polymerisation von Butadien nicht zu einheitlich gerad-
kettigen Polymerisaten führte. Denn nach dem Mechanis-
mus der „stufenweise metallorganischen Synthese“ kön-
nen geradkettige Polymerisate nur entstehen, wenn die
aufeinanderfolgenden Additionen an Butadien einheitlich
nach dem Prinzip der 1,4-Addition, d. h. Addition an das 
erste und vierte Kohlenstoffatom des Butadiens, ablaufen.
Tatsächlich aber fanden regellos 1,4- und 1,2-Additionen 
statt, wodurch die Produkte uneinheitlich wurden und zu-
nächst eher uninteressant schienen. In Halle untersuchte
man dann systematisch, inwieweit sich das Verhältnis von 

1,4- und 1,2-Addition durch die Versuchsparameter 
lenken ließ. Von allen Parametern erwies sich allein die
Temperatur als ausschlaggebend, und bei tiefer Tempera-
tur wurde die 1,2-, bei hoher Temperatur die 1,4-Addition 
bevorzugt. Diese gelenkte Polymerisation bot die Mög-
lichkeit, die Struktur und damit die Eigenschaften der Po-
lymerisate zu beeinflussen. Die Ergebnisse, über die Karl
Ziegler von 1938 bis 1943 in zwei Übersichtsartikeln und 
einer Originalarbeit berichtete, dürften im nahegelegen
Schkopau, wo 1937 die großtechnische Produktionsanlage
von Synthesekautschuk aus Butadien und Natrium (Buna)
angelaufen war, aber auch in Marl, wo 1938 die Chemi-
schen Werke Hüls eigens für die Buna-Produktion ge-
gründet wurden, auf große Aufmerksamkeit gestoßen 
sein. Insbesondere der Übersichtsartikel „Ueber Butadien-
polymerisation und die Herstellung des künstlichen Kaut-
schuks“ in der Chemiker-Zeitung vom 16. Februar 1938,
auf den von der Redaktion in einem vorangestellten Leit-
artikel „Die Chemie im Dienste der nationalen Roh- und 
Werkstoffversorgung“ ausdrücklich hingewiesen wurde, 
sollte auch einer größeren Leserschaft bekannt geworden
sein.

Im Frühjahr 1943 erhielt Karl Ziegler vom Präsidenten 

der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, Generaldirektor Dr.
Albert Vögler, das Angebot, als Nachfolger von Franz
Fischer die Leitung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Koh-
lenforschung in Mülheim an der Ruhr zu übernehmen.  

DAS KAISER-WILHELM-INSTITUT FÜR 

KOHLENFORSCHUNG 1912 – 1943

 UNTER DEM DIREKTOR FRANZ FISCHER

Das Kaiser-Wilhelm-Instituts für Kohlenforschung in 

Mülheim an der Ruhr wurde 1912 von der Kaiser-Wil-
helm-Gesellschaft, Vertretern der rheinisch-westfälischen
Industrie und der Stadt Mülheim an der Ruhr gegründet. 
Erst ein Jahr zuvor war es in Berlin zur Gründung der 
Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und ihrer beiden ersten
Institute, des Instituts für Chemie sowie des Instituts für 
Physikalische Chemie und Elektrochemie, gekommen. 
Der Vorschlag für ein weiteres Institut, das mit Erfor-
schung der Kohle recht praxisnahe Ziele verfolgen und
daher in der Nähe der rheinisch-westfälischen Kohle- und
Stahlindustrie angesiedelt werden sollte, kam von dem 
Nobelpreisträger für Chemie des Jahres 1902 Emil
Fischer, dem damals führenden Organischen Chemiker an
der Berliner Universität. Zum Direktor des neuen Instituts 
für Kohlenforschung wurde 1913 Franz Fischer (1877–
1947) ernannt, der seit 1911 Inhaber des Lehrstuhls für 
Elektrochemie an der Technischen Hochschule Berlin-
Charlottenburg war. Nach nur neunmonatiger Bauzeit 
wurde im Sommer 1914 der Forschungsbetrieb im nun-
mehr dritten Institut der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft 
aufgenommen. 

Franz Fischer führte mit seinen Mitarbeitern grundle-

gende Forschungsarbeiten zur chemischen Konstitution 
von Kohlen, zur Entstehung von Kohlen sowie zur Kohle-
umwandlung in feste, flüssige und gasförmige Produkte
durch. Mit seinem Namen verbunden sind bis heute u. a.
die Druckextraktion von Kohlen mit Benzol bei 270 °C 
zur Abtrennung des Bitumenanteils, die Gewinnung von 
Schwelteer in der Fischer-Retorte und die sogenannte

Karl Ziegler (rechts) und Günther O. Schenk im Laboratorium des
Hallenser Chemischen Instituts (um 1940). 

9

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10

Lignintheorie, nach der hauptsächlich das biochemisch
schwer abbaubare Lignin als die Muttersubstanz der Hu-
muskohlen anzusehen ist. In Anbetracht heutiger Brenn-
stoffzellentechnik, mit der bisher ausschließlich gasför-
mige Brennstoffe direkt in elektrische Energie umgewan-
delt werden, waren Fischers Versuche zur "elektrischen
Verbrennung" von Kohle unter Stromerzeugung ihrer Zeit 
weit voraus. Weltbekannt wurden Franz Fischer und sein
Abteilungsleiter Hans Tropsch durch die 1925 entdeckte
und nach den Erfindern benannte Fischer-Tropsch-Syn-
these, ein Verfahren zur Herstellung flüssiger Kohlenwas-
serstoffe aus den Gasen Kohlenmonoxid und Wasserstoff 
mit Hilfe von Katalysatoren. Verwendet werden Feststoff-
katalysatoren, sogenannte heterogene Katalysatoren, auf 
der Basis von Kobalt, Eisen, Nickel oder Ruthenium. Die

Produkte bestehen hauptsächlich aus flüssigen Alkanen 
(Paraffinen C

5

 – C

23

), wachsartigen und festen Paraffinen

(>C

23

), die auch Olefine und Alkohole, aber keine Aroma-

ten enthalten. Als Nebenprodukte werden Wasser sowie
kleinere Mengen an Gas (C

1

 – C

4

) und wasserlösliche

Verbindungen wie niedermolekulare Alkohole, Aldehyde, 
Ketone und Carbonsäuren erhalten. Die benötigte 
Mischung aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff, das soge-
nannte Synthesegas, wird zuvor aus Kohle oder Koks
durch Umsetzung mit Wasserdampf und Sauerstoff bei
Temperaturen oberhalb 900 °C in der sogenannten Kohle-
vergasung erzeugt. Neben der von Friedrich Bergius 1913
gefundenen Kohlehydrierung, der direkten katalytischen 
Umsetzung von Kohle mit Wasserstoff unter hohem 
Druck bei Temperaturen von 450 bis 500 °C zu Kohleöl,
stellt die zweistufige Reaktionsfolge aus Kohlevergasung
und Fischer-Tropsch-Synthese den zweiten wichtigen 
Weg zur Umwandlung des festen Brennstoffs Kohle in 
flüssige Treibstoffe wie Dieselkraftstoff und Benzin dar.  

Zur Verwertung der angemeldeten Patente hat Franz

Fischer 1925 im Institut die Studien- und Verwertungsge-
sellschaft mbH gegründet. Mit Mitteln dieser Gesellschaft 
wurde 1926 auf dem Institutsgelände eine Versuchsanlage
errichtet, um die industrielle Nutzung der Fischer-
Tropsch-Synthese vorzubereiten. Das Gebäude für den
Hörsaal mit 280 Sitzplätzen konnte 1929 gebaut werden. 
Die Umsetzung der Fischer-Tropsch-Synthese in den In-
dustriemaßstab erfolgte dann ab Mitte der 1930-er Jahre 
in Oberhausen bei der Ruhrchemie als Generallizenzneh-
mer. Anfang der 1940-er Jahre wurden nach dem Mül-
heimer Verfahren in neun deutschen Produktionsanlagen
bereits insgesamt etwa 600 000 Tonnen flüssige Kohlen-
wasserstoffe pro Jahr hergestellt. In Lizenz der Ruhr-
chemie waren weitere vier Anlagen in Japan sowie je ein 
Werk in Frankreich und in der Mandschurei in Betrieb.
Doch nach dem zweiten Weltkrieg ließ die Konkurrenz
des Erdöls in den 1950-er Jahren das Synthesebenzin auf 
Kohlebasis unrentabel werden. Nur die Republik Südafri-
ka hat aus politischen Gründen nach 1950 in Sasolburg
neue Produktionsanlagen zur Fischer-Tropsch-Synthese
errichtet. Gegenwärtig produzieren die zwei großtechni-
schen Anlagen von Sasol Synfuels jährlich aus 45 Milli-
onen Tonnen Kohle etwa 6,6 Millionen Tonnen Diesel-
kraftstoff und Benzin, womit etwa 28% des südafrikani-
schen Bedarfs gedeckt werden. Synthesegas kann aber 
auch aus Erdgas – und deutlich kostengünstiger als aus
Kohle – durch Reforming mit Wasserdampf und Sauer-
stoff oder partieller Oxidation mit reinem Sauerstoff er-
zeugt werden. Seit 1993 betreiben Shell in Malaysia und 
PetroSa in Südafrika industrielle Fischer-Tropsch-Synthe-
sewerke, in denen aus Erdgas hergestelltes Synthesegas 
zur Produktion von flüssigen Kraftstoffen eingesetzt wird 
(Gas-To-Liquid-Prozess). Die GTL-Anlage in Malaysia 
produziert jährlich 0,6 Millionen Tonnen flüssige Treib-
stoffe, was der Gesamtkapazität der neun deutschen 
Fischer-Tropsch-Werke vor 65 Jahren entspricht, und die
Produktion von PetroSa in Südafrika erreicht 1,96 Milli-
onen Tonnen pro Jahr. 2007 nahmen Sasol und Qatar 
Petroleum in Katar am Persischen Golf ein drittes GTL-
Werk mit einer geplanten Produktion von 1,4 Millionen
Tonnen synthetischem Kraftstoff pro Jahr in Betrieb. Am 
gleichen Standort errichten zurzeit Shell und Qatar Petro-
leum eine noch größere GTL-Anlage, die ab 2009/2010
jährlich 5,6 Millionen Tonnen flüssige Fischer-Tropsch-
Produkte produzieren soll. Auch in Nigeria baut Sasol bei
Escravos im Nigerdelta ein GTL-Werk mit der gleichen
Technologie und Kapazität wie in Katar, und weltweit 

Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung im Jahr 1914 (Post-
karte, Sammlung U.-B. Richter). 

Das Hörsaalgebäude an der Nordseite des Instituts im Jahr 1929 (Post-
karte, Sammlung U.-B. Richter).

                  Franz Fischer (um 1925, links) und Hans Tropsch.

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11

sind weitere Fischer-Tropsch-Synthesewerke in Planung.
80 Jahre nach ihrer Entdeckung erfährt die Fischer-
Tropsch-Synthese eine unglaubliche Renaissance.  

Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung fi-

nanzierte sich hauptsächlich durch Beiträge der rheinisch-
westfälischen Montanindustrie und seit 1935 durch Ein-
nahmen aus der Lizenzierung der Fischer-Tropsch-Syn-
these. Auf Initiative von Franz Fischer wurde das Institut 
1939 in eine selbständige rechtsfähige Stiftung umgewan-
delt. Dieser Rechtsstatus, den das Institut bis heute be-
sitzt, verschaffte dem Institut größeren Handlungsspiel-
raum gegenüber der rheinisch-westfälischen Montanindu-
strie und der Generalverwaltung der Kaiser-Wilhelm-Ge-
sellschaft. Als Stiftungszweck wurde die Förderung der 
wissenschaftlichen Erforschung der Kohle "zu gemeinem 
Nutzen" bestimmt.  

Ab Frühjahr 1942 suchte der inzwischen 65-jährige 

Franz Fischer aus gesundheitlichen Gründen mehrfach um
seine Versetzung in den Ruhestand nach und schlug als
Kandidaten für seine Nachfolge seine beiden Abteilungs-
vorsteher Herbert Koch (1904-1967) und Helmut Pichler 
(1904-1974) vor. Vorsitzender im Verwaltungsrat des In-
stituts war seit 1935 Hermann Kellermann, Direktor der 
Gutehoffnungshütte Oberhausen AG und Aufsichtratsvor-
sitzender des Rheinisch-Westfälischen Kohlesyndikats. 
Sowohl Kellermann als auch der Präsident der Kaiser-
Wilhelm-Gesellschaft, Dr. Albert Vögler, zugleich Auf-
sichtsratvorsitzender der Vereinigten Stahlwerke AG und 
Mitglied des Verwaltungsrats des Mülheimer Instituts,
waren der Ansicht, dass keiner der beiden Abteilungslei-
ter für die Fischer-Nachfolge in Frage käme. In einem Ge-
spräch mit Kellermann im Oktober 1942 betonte Albert 
Vögler, „dass es nicht unbedingt notwendig sei, einen 
Mann aus der Kohlechemie zu nehmen, sondern dass es
vielleicht ganz ratsam wäre, einen hochbegabten ideal
denkenden chemischen Wissenschaftler, der der Kohle-
chemie ganz fremd gegenüberstehe, in Aussicht zu neh-
men, der ohne Scheuklappen an die Dinge herangehe und 
vielleicht mit neuen Ideen komme.“ Die Suche nach ge-
eigneten Kandidaten ging dann hauptsächlich von Albert 
Vögler aus, der zunächst Informationen und Stellungnah-
men von Otto Hahn, Richard Kuhn, Heinrich Wieland 

und anderen einholte. Als Kandidaten ins Gespräch ge-
bracht wurden insbesondere der Physikochemiker Klaus 
Clusius sowie die drei Organiker Rudolf Criegee, Georg
Wittig und Karl Ziegler. Eine Berufung von Clusius wur-
de vom Reichserziehungsministerium abgelehnt, vermut-
lich weil man ihn wegen seiner für das Uran-Projekt 
wichtigen Arbeiten zur Isotopentrennung auf seinem 
Lehrstuhl in München belassen wollte. Da Criegee zum 
Kriegsdienst an der Ostfront eingezogen war, konzentrier-
te sich der Prozess der Kandidatenfindung schließlich auf 
Karl Ziegler. Nachdem auch das Reichserziehungsmini-
sterium keine Einwände gegen die Berufung hatte, unter-
breitete Albert Vögler im Februar 1943, wie schon er-
wähnt, Karl Ziegler das Angebot, die Leitung des Kohlen-
forschungsinstituts in Mülheim zu übernehmen.

Karl Zieglers erste Reaktion war zunächst eher negativ, 

denn ihn störte die Zweckbindung der Forschung, die sich 
im Namen des ihm angebotenen Instituts ausdrückte und 
auch in der Satzung der Stiftung festgelegt war. In den
weiteren Verhandlungen fand er aber bei dem Präsidenten
der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und bei dem Vorsitzen-
den des Verwaltungsrats des Kohlenforschungsinstituts
großes Verständnis für die Grundbedingung, von der er 
seinen Wechsel nach Mülheim abhängig machte: „Ich
müsse“, so erklärte er, „völlige Freiheit der Betätigung im 
Gesamtgebiet der Chemie der Kohlenstoffverbindungen 
(‚organische

ǥ

 Chemie) haben, ohne Rücksicht darauf, ob 

meine Arbeiten etwa unmittelbar einen Zusammenhang
mit der Kohle erkennen lassen würden oder nicht.“ Dies 
wurde akzeptiert, und der Verwaltungsrat des Kohlenfor-
schungsinstituts wählte am 16. April 1943 Karl Ziegler 
zum neuen Institutsdirektor. Gleichzeitig liefen aber Be-
mühungen, ihn an der Universität Halle zu halten, die von
dem Präsidenten der Deutschen Akademie der Naturfor-
scher Leopoldina in Halle Emil Abderhalden und dem 
Göttinger Chemie-Nobelpreisträger Adolf Windaus unter-
stützt wurden. Das Reichserziehungsministerium ging
hierauf nicht ein, sondern beurlaubte Karl Ziegler von 
seinen Verpflichtungen in Halle zur kommissarischen
Wahrnehmung der Dienstgeschäfte des Direktors und 
Professors des Instituts in Mülheim mit Wirkung zum 1.
Oktober 1943 für die Dauer eines Jahres. In den weiteren
Vertragsverhandlungen mit der Kaiser-Wilhelm-Gesell-
schaft und dem Reichsministerium handelte Karl Ziegler 
schließlich aus, dass er sowohl das Hallenser als auch das
Mülheimer Institut für die Übergangszeit von einem Jahr 
gleichzeitig leitete. Als der Luftkrieg in den westdeut-
schen Städten zunahm, ließ sich Karl Ziegler die Doppel-
funktion bis Kriegsende verlängern, um „bei Totalscha-
den eine funktionsfähige Arbeitsstelle zu behalten“. Der 
Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit und der 
Wohnsitz der Familie blieben in Halle, er selbst pendelte 
zwischen Halle und Mülheim hin und her. Kurz nach
Kriegsende wurde die Familie Ziegler zusammen mit 
Mitarbeitern Ende Juni 1945 von den Amerikanern bei
ihrem Rückzug aus Halle in ihre Besatzungszone nach 
Westen zwangsevakuiert und nach Mülheim gebracht. 

Die Vorgänge der Jahre 1942/43 bei der Berufung Karl 

Zieglers zum Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für 
Kohlenforschung hat der Historiker Manfred Rasch ein-
gehend untersucht. Aufgrund der Quellen zieht Rasch die 
Schlussfolgerung, dass das NS-Erziehungsministerium 

Der damalige Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, Max Planck 
(Mitte), lässt sich bei seinem Institutsbesuch am 5. 6. 1934 von Franz 
Fischer (rechts) und dessen Mitarbeiter Otto Roelen die unterschied-
lichen Produkte aus der Fischer-Tropsch-Synthese zeigen. 

11

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12

den politisch unangepassten Karl Ziegler als Forscher in 
Deutschland halten, aber seinen Einfluss auf Studenten
durch eine Berufung an ein außeruniversitäres For-
schungsinstitut beschränken wollte.

Nach seiner Emeritierung zog Franz Fischer 1943 nach

München um, wo sein Haus bei einem Luftangriff im 
Sommer 1944 völlig zerstört wurde und danach das Glei-
che noch einmal mit seiner zweiten Wohnung geschah.
Dem Institut in Mülheim blieb er als Mitglied des Ver-
waltungsrats und als auswärtiges wissenschaftliches Mit-
glied verbunden. Er verstarb am 1. Dezember 1947 im 
Alter von 70 Jahren in München, doch seine Ruhestätte 
fand er auf dem Hauptfriedhof in Mülheim an der Ruhr.
Die Stadt Mülheim nannte 1959 eine Straße in Instituts-
nähe nach Franz Fischer.

DIREKTOR DES INSTITUTS FÜR

KOHLENFORSCHUNG 

 IN MÜLHEIM AN DER RUHR 1943 – 1969

Bei dem Luftangriff in der Nacht vom 22. auf den 23. 

Juni 1943 fiel die Innenstadt von Mülheim zu 64 Prozent 
in Trümmer, doch das Kaiser-Wilhelm-Institut für Koh-
lenforschung blieb unversehrt. Seine finanzielle Grund-
lage war allerdings bei Kriegsende aufgebraucht, das Ver-
mögen aus den Patenten der Fischer-Tropsch-Synthese
verloren und die auf den Patenten aufgebaute Industrie bis
auf kleine Reste zerstört und dazu mit Verboten belegt. 
Nachdem im Februar 1948 in Göttingen die Max-Planck-
Gesellschaft als Nachfolgeorganisation der Kaiser-Wil-
helm-Gesellschaft entstanden war, gelang es, die finan-
zielle Grundlage des Instituts – unter zunächst paritäti-
scher Beteiligung des Kohlenbergbaus und der Max-
Planck-Gesellschaft – wieder zu sichern. 1949 erfolgte
dann auch die offizielle Umbenennung in Max-Planck-
Institut für Kohlenforschung.

Die Arbeiten zur Fischer-Tropsch-Synthese wurden an-

fangs noch von Fischers Abteilungsvorstehern Herbert 
Koch und Helmut Pichler fortgeführt. Pichler wechselte 
1946 zu Hydrocarbon Research, USA, wurde 1948 zum 
auswärtigen Wissenschaftlichen Mitglied des Instituts in
Mülheim an der Ruhr ernannt und nahm 1956 die Beru-
fung als Professor für chemische Technologie und Direk-
tor des Engler-Bunte-Instituts an der Technischen Hoch-
schule Karlsruhe an. Die Untersuchungen zur Kohlenwas-
serstoffsynthese in der Abteilung von Herbert Koch, der 

1947 zum Wissenschaftlichen Mitglied der Kaiser-
Wilhelm-Gesellschaft berufen wurde, liefen um 1950 aus.
Seine weiteren Arbeiten im Mülheimer Institut über die 
Reaktionen des Kohlenmonoxids führten 1952 zu einer 
neuen Synthese von Carbonsäuren durch Anlagerung von
Kohlenmonoxid und Wasser an Olefine, die als Koch-
Haafsche Carbonsäure-Synthese in die Literatur einging 
und technische Anwendung fand.

Ein Programm habe er bei seinem Amtsantritt 1943 

überhaupt nicht gehabt, und die Frage nach einem solchen
hätte ihm Verlegenheit bereitet, bekannte Karl Ziegler 
1954 freimütig in einem Beitrag zum 65. Geburtstag des 
langjährigen Generalsekretärs der Kaiser-Wilhelm- bzw. 
Max-Planck-Gesellschaft, Dr. Ernst Telschow. Zu Anfang
standen Karl Ziegler persönlich nur wenige Mitarbeiter 
zur Verfügung, denn im Institut liefen noch die Arbeiten
zur Fischer-Tropsch-Synthese. In dieser Situation griff er 
wieder die Frage nach der Destillierbarkeit von Alkyl-
lithiumverbindungen auf, ein Thema, das ihn zuletzt 1936
in Heidelberg kurz vor dem Wechsel nach Halle beschäf-
tigt hatte. Wilhelm Schlenk hatte 1917 das Ethyllithium 
als einen in Kohlenwasserstoffen löslichen, kristallinen,
farblosen Stoff beschrieben und beiläufig erwähnt, dass 
bei der Bestimmung des Schmelzpunktes in den üblichen 
Kapillarröhrchen das Ethyllithium teilweise sublimiere.
Nachdem mit der in Heidelberg gefundenen Umsetzung 
von Alkylchloriden mit Lithiummetall größere Mengen 
Alkyllithiumverbindungen leicht verfügbar waren, sollte
zur Vervollständigung der Kenntnisse ganz allgemein ge-
prüft werden, ob sich Alkyllithiumverbindungen unter ge-
eigneten Bedingungen destillieren lassen. Da man von 
Natrium- und Kaliumalkylen damals wusste, dass ihre 
Metall–Kohlenstoff-Bindung offenbar rein ionischer Na-
tur ist und sie daher als Salze anzusehen sind, die sich
nicht destillieren lassen, schien die Frage der Destillier-
barkeit von Lithiumalkylen von einigem Interesse. Die 
wenigen Versuche, die hierzu noch in Heidelberg durch-
geführt wurden, hatten kein klares Ergebnis gezeigt. Die 
Wiederaufnahme der Versuche in Mülheim zeigte dann,
dass sich Alkyllithiumverbindungen, sofern ihr Moleku-
largewicht nicht zu hoch ist, unter extrem hohem Vakuum 
und bei sehr kurzem Destillationsweg unzersetzt destillie-
ren lassen. Aber wiederum viel wichtiger als das, wonach
man eigentlich gesucht und in diesem Fall auch gefunden
hatte, wurden die beobachteten Nebenreaktionen. Denn es
wurde festgestellt, dass sich Alkyllithiumverbindungen
oberhalb etwa 100 °C in Lithiumhydrid und Olefine zu 
spalten beginnen, z. B. Ethyllithium in Lithiumhydrid und 
Ethylen:

Das war an sich nicht sehr aufregend, denn für Ethylna-

eg

au

u

uf

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trium hatten dies amerikanische Autoren schon einige

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die am

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utor n ssch

in

nig

Jahre zuvor berichtet, und Karl Ziegler hatte selbst schon

s s

in Heidelberg die Abspaltung von Lithiumhydrid aus be-
stimmten organischen Lithiumverbindungen beobachtet. 
Aber überraschend war, dass bei der Zersetzung von
Ethyllithium neben Ethylen auch etwas 1-Buten (

14

) ge-

funden wurde. Es hatte also ein Aufbau stattgefunden,  
d. h. Ethyllithium hatte sich an Ethylen zu Butyllithium 
(

13

) addiert, das anschließend zu Lithiumhydrid und  

1-Buten (

14

) gespalten wird:  

Das Ehepaar Maria und Karl Ziegler vor dem Haupteingang des Mül-
heimer Instituts für Kohlenforschung am Kaiser-Wilhelm-Platz 1 (ver-
mutlich März 1948). 

12

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13

den,

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In folgenden Versuchen konnte dann gezeigt wer

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zeiigt w rd

dass beim gemeinsamen Erhitzen von Lithiumalkylen und 

hiu

k l

überschüssigem Ethylen unter Druck eine stufenweise
Synthese zwischen Lithiumalkylen und Ethylen möglich
ist und höhere Lithiumalkyle (

15

) entstehen, die dann in 

der Hitze zu Lithiumhydrid und 

Į

-Olefine (

16

) zerfallen. 

Wenn nun der Zerfall von Ethyllithium gemäß der Reak-
tionsgleichung (1) reversibel sei und sich Lithiumhydrid 
ebenso wie Lithiumalkyle an Ethylen addieren könne
(gestrichelter Pfeil), dann, so Karl Zieglers Schlussfolge-
rung, müsste man unter geeigneten Reaktionsbedingen 
Ethylen mit Lithiumhydrid als Katalysator zu höheren 

Į

-Olefinen polymerisieren können: 

l der Lithiumalkyle (

hium

maal ylle (

Denn das durch Zerfa

ass durch

h Z

d

al

erfa l d

d

de

5

15

1

15

) entstehen-

)  ntstte

de Lithiumhydrid würde dann mit Ethylen immer wieder

h d i

t E

E

l

rd

neues Ethyllithium erzeugen, das die anschließende stu-
fenweise Synthese zu den höheren Lithiumalkylen (

15

einzugehen vermag. Aber alle Versuche, die Addition von
Lithiumhydrid an Ethylen zu verwirklichen, waren ohne
Erfolg, offenbar aufgrund der völligen Unlöslichkeit des
Lithiumhydrids. Als im Frühjahr 1949 die Arbeiten in 
einer Sackgasse zu enden drohten, wurde man auf das von
Irving Schlesinger in den USA während des Krieges ent-
deckte, aber erst 1947 veröffentlichte lösliche Lithiumalu-
miumhydrid (LiAlH

4

) aufmerksam. In einem letzten – 

man kann wohl sagen verzweifelten – Versuch erhitzte 
Karl Zieglers langjähriger Mitarbeiter Hans-Georg Gellert 
Ethylen unter einem Druck von 100 Atm. mit einer 
Lösung von LiAlH

4

 in Ether auf 180–200 °C. Der Druck 

nahm rasch ab, und das Reaktionsprodukt bestand aus
einer Mischung fast reiner 

Į

-Olefine (C

4

– C

12

). Die er-

hoffte katalytische Reaktion, die man mit Lithiumhydrid 
vergeblich gesucht hatte, war mit Lithiumaluminiumhy-
drid gefunden worden. Es stellte sich dann schnell heraus,
dass der eigentliche Katalysator nicht LiAlH

4

, sondern

Lithiumaluminiumtetraethyl (LiAl[CH

2

CH

3

]

4

) ist, das 

schon bei 120 °C aus LiAlH

4

 und Ethylen gebildet wird.  

Aufgrund der vorangegangen Erfahrungen mit den 

Reaktionen zwischen Lithiumalkylen und Ethylen lag es 
nahe anzunehmen, dass die neue Polymerisationskatalyse
am Lithium-Teil der Lithiumaluminiumverbindungen ab-
laufe und der Aluminium-Teil nur für die Löslichkeit zu-
ständig sei. Bald fand man jedoch heraus, dass sich Alu-
miniumhydrid (AlH

3

) ebenfalls an Ethylen addiert und 

das zunächst gebildete Aluminiumtriethyl (

17

) seinerseits

die stufenweise Addition an Ethylen, jetzt „Wachstums-“ 
oder „Aufbaureaktion“ genannt, noch viel effizienter ein-
gehen kann. Die Kausalkette aus dem Wechselspiel von 
Beobachtung, Schlussfolgerung und neuem Experiment 
hatte Karl Ziegler den Weg von den Lithiumalkylen über 
die Brücke des Lithiumaluminiumhydrids zu den Alumi-
niumalkylen gewiesen. Was man sich von den Verbindun-
gen des seltenen und daher teuren Lithium erhofft hatte, 
mit diesen aber nur ansatzweise oder schlecht umsetzen
konnte, ließ sich plötzlich mit dem weitverbreiteten und 
preiswerten Aluminium in vollendeter Weise verwirk-
lichen und bis zu technischen Anwendungen weiterent-
wickeln.  

Die „Aufbaureaktion“ von Aluminiumtriethyl (

17

) mit 

Ethylen unter Druck bei 100 °C führte zu höheren Alumi-
niumtrialkylen (

18

), deren Alkylgruppen im Extremfall 

aus der stufenweise Addition von bis zu 100 Ethylenmo-
lekülen hervorgegangen sind: 

en müssen al-

üss

en

ee

lung von „echtem“ Polyethy

Pollyeeth

n

ng

g vo

Für die Herste

ie Herrs

on

o

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y

yle

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n mü

üs

üsssen

n

lerdings 1000 und mehr Ethylenmoleküle zu einer Kette

0 u

zu

verknüpft werden. Dies ließ sich jedoch mit der Aufbau-
reaktion nicht verwirklichen, da sich herausstellte, dass
Ethylen selbst den Abbruch des Kettenwachstums auslö-
sen kann. Denn in der sogenannten „Verdrängungsreak-
tion“ werden längere Alkylgruppen der Aluminiumalkyle 
(

18

) als

Į

-Olefine (

16

) abgespalten und durch Ethylgrup-

pen ersetzt. Mechanistisch kann diese Kettenübertragung
direkt einstufig über einen zyklischen Übergangszustand 
in Analogie zur Reduktion von Aldehyden und Ketonen
mit Aluminiumtriethyl (

17

) nach Hans Meerwein ablau-

fen oder aber zweistufig über die Eliminierung von Dial-
kylaluminiumhydrid R

2

Al-H, dessen anschließende Addi-

tion an Ethylen zur Aluminiumethyl-Verbindung (

17

führt:

gsreaktion

gss

ung

g

ur die Verdrängu

ur d

Da mit steigender Temperat

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mit stte

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ng

gu

gu

u g

g

g

gs

gsre

reee

stark beschleunigt wird, kommt man bei 180 bis 200 °C

om

m

i 1 0 i 2

2

2

Karl Ziegler und sein Mitarbeiter Hans-Georg Gellert beim Experimen-
tieren im Hörsaal des Mülheimer Instituts (vermutlich um 1948). 

13

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14

zu einer katalytischen Reaktion, in der 

Į

-Olefine (

16

) aus 

Ethylen mit Aluminiumtriethyl als Katalysator gebildet 
werden. Durch Wahl von Ethylendruck, Temperatur und 
Reaktionszeit lässt sich das Verhältnis von Wachstums-
und Verdrängungsreaktion und damit die Produktvertei-
lung einstellen. Für die Synthese von längeren

Į

-Olefinen 

(

16

) ist allerdings ein zweistufiges Verfahren mit Tren-

nung von Wachstums- und Verdrängungsreaktion vorzu-
ziehen. 

Aus den Aluminiumtrialkylen (

den Allu

n (

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in

niiu

iumttria ky

k

18

8

ufbau-

uffb

), die in der A

))

e in err A

e A

A

Au

u

reaktion von Aluminiumtriethyl (

17

) und Ethylen erhalten

n e

wurden, ließen sich durch Hydrolyse Gemische der Alka-
ne bzw. Paraffine (

20

) mit gerader Kohlenstoffzahl – und 

selbstverständlich auch solche mit ungerader Kohlenstoff-
zahl, wenn man von Aluminiumtrimethyl oder Alumini-
umtripropyl ausging – bis zu Molekülgrößen von Weich- 
und Hartparaffinen herstellen. Ein Polyethylen schien 
allerdings auf diesem Weg unerreichbar zu sein. Mit 
einem genialen Einfall gelang es Karl Ziegler dann doch, 
die Aufbaureaktion in ganz anderer Richtung zu einem 
technischen Prozess zu entwickeln. Die Oxidation mit 
Luft überführt die Aluminiumalkyle (

18

) in Aluminium-

alkoholate (

21

), bei deren Hydrolyse Aluminiumhydroxid 

und primäre Alkohole (

22

) entstehen:  

Die synthetischen Fettalkohole (

le ((

lkoh

h

Feettt

ettisch

he

lle

22

22

mit unverzweigten

m u

un

)) m

m

zweeiigten

Ketten aus 12 bis16 Kohlenstoffatomen sind ideale

om

m

a

Ausgangsstoffe für biologisch abbaubare Waschmittel. 
Erste Lizenzen wurden vergeben und ab 1962 gingen 
weltweit großtechnische Anlagen auf Basis des Ziegler-
Alkohol-Verfahrens in Betrieb (Alfol-Verfahren: Conoco,
USA, 1962; Condea Chemie, Brunsbüttel, 1964; Anlage 
in Ufa, Russland, 1981; Anlage in Yiling, China, 1998;

Epal-Verfahren: Ethyl Corporation/Amoco, USA, 1964). 
Zum 70. Geburtstag von Karl Ziegler im Jahr 1968 er-
reichte die weltweite Produktion etwa 150 000 Jahreston-
nen. Das als Koppelprodukt anfallende Aluminiumhydro-
xid findet vielfältige Anwendungen, z. B. zur Herstellung 
von Aluminiumoxid (Tonerde) für Katalysatoren, Kera-
miken, Chromatographie- und Adsorptionsmaterialien
wie z. B. Katzenstreu. Das Ziegler-Alkohol-Verfahren hat 
wesentlich dazu beigetragen, dass die riesigen Schaum-
berge, die in den 1950/1960-er Jahren unsere Flüsse und 
Seen infolge der damals verwendeten Waschmittel mit 
verzweigten Alkylketten belasteten, verschwunden sind.  

Die Aufbaureaktion von Aluminiumtrialkylen mit 

Į

-Olefinen verläuft viel langsamer als mit Ethylen und 

bleibt schon nach einem Additionsschritt stehen, da hier-
bei verzweigte Alkylgruppen entstehen und aufgrund des

zusätzlichen Alkylsubstituenten am 

E

-Kohlenstoffatom 

einen weiteren Additionsschritt erschweren. Andererseits
wird die Verdrängungsreaktion durch die Verzweigung 
begünstigt, so dass

Į

-Olefine katalytisch mit Aluminium-

trialkylen bei 200 °C dimerisiert werden. Die Umsetzung
von Propylen (Propen

23

) mit Aluminiumtripropyl (

24

)

bei 200°C und einem Druck von 200 bar liefert nahezu 
quantitativ 2-Methyl-1-penten (

26

), indem durch Addition

zunächst die verzweigte Aluminiumalkyl-Verbindung 
(

25

) und anschließend in der Verdrängungsreaktion mit 

weiterem Propylen (

23

) das dimere Produkt (

26

) zusam-

men mit neuem Aluminiumtripropyl (

24

) gebildet wer-

den. Auch dieses Ziegler-Verfahren fand ab 1963 groß-
technische Anwendung im Goodyear-Scientific-Design-
Prozess zur Herstellung von 50 000 Jahrestonnen Isopren,
dem Monomeren des Kautschuks. Nach katalytischer 
Isomerisierung von 2-Methyl-1-penten (

26

) zu 2-Methyl-

2-penten (

27

) wird Isopren (

28

) durch Abspaltung von 

Methan im Crackofen erhalten.  

CH

3

CH CH

2

CH

3

CH CH

2

CH

2

CH

2

CH

3

CH

3

CH

2

CH

2

al

CH

3

C CH

2

CH

2

CH

2

CH

3

al

CH

3

CH CH

2

Aufbau-
reaktion

Verdrängungs-

reaktion

23

24

al =

1

/

3

Al

25

23

26

CH

3

C

CH

CH

2

CH

3

CH

2

CH C

CH

2

-

CH

4

27

28

650 °C

CH

3

CH

3

Katalysator

Für eine industrielle Nutzung aluminiumorganischer 

Verfahren musste allerdings eine effiziente und kosten-
günstige Herstellung für Aluminiumalkyle verfügbar sein. 
Mit der 1954 entdeckten Direktsynthese aus Aluminium, 
Ethylen bzw. anderen

D

-Olefinen und Wasserstoff gemäß 

Schaumberge auf der Ruhr bei Duisburg, 1964 (Foto dpa Picture-
Alliance GmbH, Frankfurt/M.).

14

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15

Reaktionsgleichung (4) gelang es Karl Ziegler und seinen 
Mitarbeitern, hierfür die einfachste und eleganteste Lö-

ff

sung zu finden. Verfahren wie diese Direktsynthese, bei
denen keine zu entsorgende Nebenprodukte anfallen, sind
heute sehr gesucht und werden als „atomökonomisch“
und „ökologisch sauber“ besonders herausgestellt. Im 
Falle des Aluminiumtriethyls (

17

) muss die Synthese 

zweistufig über Diethylaluminiumhydrid gemäß den Re-
aktionsgleichungen (2) und (3) geführt werden, da sonst 
die Aufbaureaktion schon während des Herstellungspro-
zesses einsetzt. Heute werden Aluminiumtrialkyle und

n

Dialkylaluminiumhydride in Mengen von etwa 40 000 
Jahrestonnen industriell durch Direktsynthese hergestellt.

Entdeckung des

En

ntd

d

d

dee

 Mülheimer Normaldruck-Polyethylen-Verfahrens

ye

ren

Dutzende Male hatte man über Jahre die Aufbaureak-

tion von Aluminiumtriethyl (

17

) mit Ethylen unter einem 

Druck von etwa 100 bar bei 100 °C durchgeführt und mit 
dem Aufbau zu Aluminiumbutyl, -hexyl, -octyl und den 
weiteren höheren Aluminiumalkylen (

18

) immer das 

gleiche Ergebnis erhalten. Da machte Anfang des Jahres 
1953 der Doktorand Erhard Holzkamp bei einer Wieder-
holung des Versuches eine völlig unerwartete Beobach-
tung. Anstelle von höheren Aluminiumalkylen (

18

) erhielt 

er quantitativ 1-Buten (

14

) neben unverändertem Alumi-

niumtriethyl (

17

). Unter den gewohnten Bedingungen der 

Aufbaureaktion hatte Aluminiumtriethyl plötzlich als
reiner Dimerisationskatalysator für Ethylen gewirkt. Als 
Ursache wurde ein bisher unbekannter Spurenkatalysator 
vermutet, der in das Experiment hineingeraten war und 
die Verdrängungsreaktion ungemein beschleunigt hatte.
Karl Ziegler setzte eine intensive Suche nach der Ursache
in Gang, die schließlich nach einigen Wochen zu einer 
winzigen Spur von kolloidalem Nickel führte. Der Auto-
klav war zuvor für Hydrierreaktionen eingesetzt worden
und in Haarrissen war etwas Nickel zurückgeblieben.
Beim Reinigen mit Salpetersäure und anschließend einem 
phosphathaltigen Waschmittel hatte sich etwas schwer 
lösliches Nickelphosphat gebildet, das dann durch Alumi-
niumtriethyl reduziert wurde.  

Auf den weiteren Fortgang der Arbeiten hatte die Auf-

klärung des „Nickeleffektes“ zwei unmittelbare Auswir-
kungen. Durch absichtliche Zugabe von Nickel konnte die
Verdrängungsreaktion jetzt sehr viel wirksamer und ge-
zielter beschleunigt werden als durch Temperaturerhö-
hung, was umgehend in den schon im Institut laufenden 
Arbeiten zur Herstellung von 1-Buten und höheren  

Į

-Olefinen (

16

) aus Ethylen ausgenutzt wurde. Zum an-

deren war es für Karl Zieglers Forschungsweise charakte-
ristisch, dass auf die Beobachtung eines derartigen Effek-
tes winziger Nickelspuren eine systematische Untersu-
chung der Wirkung anderer Schwermetalle folgte. Erste
Versuche von Erhard Holzkamp im Mai 1953 mit Chrom-
verbindungen führten zunächst noch zu etwas wider-
sprüchlichen Ergebnissen. Mit der systematischen Durch-
musterung der Schwermetalle wurde dann nach den

Sommerferien der neue Diplomand Heinz Breil betraut.
Außer Nickel zeigten nur noch Kobalt und Platin einen 
wirklich beachtenswerten Beschleunigungseffekt auf die
Verdrängungsreaktion, während Eisen und die übrigen
Metalle der 8. Gruppe sowie Kupfer, Silber und Gold sich
als praktisch wirkungslos erwiesen. 

Am 26. Oktober 1953 unternahm Heinz Breil den Ver-

such zur Aufbaureaktion von Aluminiumtriethyl (

17

) mit 

Ethylen unter Zusatz einer Zirkoniumverbindung (Zirko-
niumacetylacetonat), der in der Folge eine Revolution in 
der Kunststoffchemie auslöste. Die Reaktion bei den übli-
chen Bedingungen (100 °C und 100 bar) nahm einen völ-
lig anderen Verlauf, und der Autoklav enthielt eine feste
weiße Masse von Polyethylen, das sich zu Folien verpres-
sen ließ. In folgenden Versuchen zeigte sich, dass Ähnli-
ches mit Kombinationen von Aluminiumalkylen und Di-
alkylaluminiumchloriden mit Verbindungen aller Über-
gangsmetalle der 4., 5. und 6. Gruppe sowie des Thoriums 
und Urans möglich ist und unter bestimmten Bedingun-
gen Polymerisationskatalysatoren auch mit weiteren 
Übergangsmetallen einschließlich Eisen hergestellt wer-
den können. Die wirksamsten Katalysatoren waren mit 
Titanverbindungen zu erhalten. Angesichts der möglichen 
Tragweite der Entdeckung konnte die Arbeit nicht allein
in einer einzigen Diplomarbeit weitergeführt werden. Die
Arbeit wurde so geteilt, dass Heinz Breil die mehr wissen-
schaftliche Seite weiterverfolgte, während Heinz Martin 
als promovierter Assistent die Bearbeitung der mehr tech-
nisch orientierten Fragen übernahm. Ihm gelang es dann,
mithilfe der Katalysatorvariante Diethylaluminiumchlorid

aa

([CH

3

CH

2

]

2

AlCl) und Titantetrachlorid (TiCl

4

), die Poly-

merisation des Ethylens bei Normaldruck und Raumtem-
peratur durchzuführen. Ein Fünfliter-Weckglas aus den
Beständen von Karl Zieglers Frau Maria wurde zum 
Reaktionsgefäß umfunktioniert, in das Ethylen-Gas zu
einer gerührten Suspension des Katalysators in zwei Liter 
eines geeigneten Lösungsmittels, z. B. eines Petroleum-
öls, eingeleitet wurde. Sofort stieg die Temperatur an und 
schon nach wenigen Minuten konnte man die gebildeten 
Flocken von Polyethylen sehen. Mit kalten Luftströmen 
wurde das Weckglas gekühlt, um die Temperatur bei etwa
70 °C zu halten. Innerhalb von etwa 1,5 Stunden wurden
etwa 400 Liter Ethylen-Gas aufgenommen und polymeri-
siert, wobei das Reaktionsgemisch immer dicker wurde
und schließlich nicht mehr zu rühren war. Die breiige 
Suspension war je nach dem eingesetzten Katalysator zu-

Apparatur zur Polymerisation von Ethylen: Ein Fünfliter-Einmachglas
aus den Beständen von Karl Zieglers Frau dient als Reaktionsgefäß.

15

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16

nächst noch grau bis braun gefärbt, wurde aber nach Zu-
tritt von Luft schneeweiß. Zweckmäßigerweise behan-
delte man sie mit einem wasserfreien Alkohol, wodurch 
praktisch alle Katalysatorreste als lösliche Verbindungen 
entfernt und etwa 400 g getrocknetes Polyethylen aus 
einem solchen Versuch isoliert werden konnten.

Das geschilderte Experiment zur Normaldruckpolyme-

risation von Ethylen in einem Weckglas war eine Sensa-
tion und erregte, wenn es in der Folgezeit Institutsbesu-
chern und Lizenznehmern vorgeführt wurde, immer wie-
der Erstaunen. Denn zuvor konnte Ethylen nur bei 200 – 
300 °C und einem Druck von 1500 – 3000 bar in Gegen-
wart von etwas Sauerstoff oder Radikale bildenden Ver-
bindungen nach einem 1933 bei ICI in England gefunde-
nen Verfahren polymerisiert werden. Unter den drasti-
schen Bedingungen der radikalischen Polymerisation 
kommt es aber zu Radikalübertragungsreaktionen zwi-
schen den wachsenden Polymerketten, wodurch Ketten-
verzweigungen entstehen können. Hochdruckpolyethylen 
besteht daher aus verzweigten Polymerketten und ist ein
weicher Kunststoff mit vergleichsweise niedriger Dichte,
der sich z. B. für die Herstellung von Plastiktüten eignet.
Bei der Mülheimer Normaldruckpolymerisation verläuft 

rr

das Kettenwachstum durch aufeinanderfolgenden Ein-
schub von Ethylenmolekülen in die Metall

Kohlenstoff-

Bindung der Kohlenstoffkette an den Katalysator, der bis
zur Ablösung der Polymerkette stets das eine Kettenende 
bildet. So hergestelltes Niederdruckpolyethylen besteht 
aus linearen Polymerketten und ist ein härterer, teilkristal-
liner Kunststoff mit höherer Dichte, aus dem sich dann 
auch Formkörper, Rohre und Behälter anfertigen lassen.

Patente und Lizenzen – Konflikt 

 um die Priorität von Polypropylen

Am 17. November 1953, nur drei Wochen nach Heinz

Breils entscheidendem Versuch, reichte Karl Ziegler eine
selbst verfasste Anmeldung beim Deutschen Patentamt 
ein. Beansprucht wurde das Verfahren zur Herstellung
von hochmolekularen Polyethylenen, dadurch gekenn-
zeichnet, dass man Ethylen bei Drücken von mehr als 10
bar und Temperaturen von über 50 °C mit metallorgani-
schen Mischkatalysatoren aus Aluminiumtrialkylen und 
Verbindungen der Übergangsmetalle Titan, Zirkonium, 
Hafnium, Vanadium, Niob, Tantal, Chrom, Molybdän
und Wolfram zusammenbringt. Als Miterfinder waren 

Erhard Holzkamp, Heinz Breil und Heinz Martin genannt. 
Es folgten in kurzer Zeit vier weitere Anmeldungen zu 
weiteren Entwicklungen der Erfindung wie der Anwen-
dung der Katalysatoren auch bei Raumtemperatur und
Normaldruck sowie der Erweiterung der Katalysatorkom-
ponenten auf Uranverbindungen, Dialkylaluminiumchlo-
riden und Alkylverbindungen des Magnesiums und Zinks. 
Hinsichtlich der Olefine beschränkte Karl Ziegler den An-
spruch zunächst auf Ethylen, da Heinz Breil in einem er-
sten orientierenden Versuch mit Propylen kein festes
Polymer isolieren konnte. Mit der Copolymerisation der 
Mischung von Ethylen und Propylen, die Heinz Martin im 
Januar 1954 gelang, hatte man dann den ersten Hinweis,
dass prinzipiell auch Propylen polymerisiert werden kann. 
Systematische Untersuchungen hierzu wurden allerdings
zugunsten einer raschen Entwicklung des Normaldruck-
verfahrens für Polyethylen zurückgestellt. Im Juli 1954
fand Heinz Martin dann, dass auch reines Propylen und
reines 1-Buten ohne Schwierigkeiten mit den neuen Kata-
lysatoren polymerisiert werden können. Mit der sechsten
Patentanmeldung vom 3. August 1954 erweiterte Karl
Ziegler schließlich den Anspruch bezüglich der polymeri-
sierbaren Olefine von Ethylen auf 

D

-Olefine wie Propylen 

und 1-Buten.  

Kurz danach erfuhr Karl Ziegler von zwei italienischen 

Patentanmeldungen zum Polypropylen, die von dem Che-
mieunternehmen Montecatini bereits am 8. Juni und am 
27. Juli 1954 unter Nennung von Giulio Natta bzw. Giulio
Natta, Piero Pino und Giorgio Mazzanti als Erfinder ein-
gereicht worden waren. Montecateni hatte bereits im Ja-
nuar 1953 mit Karl Ziegler ein Abkommen zur techni-
schen Verwertung von aluminiumorganischen Reaktionen
geschlossen, das auch Folgeentwicklungen einbezog und 
eine Exklusivlizenz für Italien auf bestimmte Schutzrech-
te enthielt. Von Ende Februar bis kurz vor Weihnachten 
1953 hielten sich zwei Chemiker und ein Ingenieur von 
Montecatini im Mülheimer Institut auf, um sich entspre-
chend des Vertrages mit der Herstellung und der Chemie
von Aluminiumalkylen vertraut zu machen. Die sensatio-
nellen Entdeckungen in der zweiten Hälfte des Jahres
1953 blieben den Gästen natürlich nicht verborgen. Ob 
die neu gefundenen metallorganischen Mischkatalysato-
ren unter die Vereinbarungen des Vertrages fielen oder 
nicht, interpretierte man in Mülheim und bei Montecatini
unterschiedlich. Karl Ziegler gab Anfang 1954 seine bis
dahin getätigten deutschen Patentanmeldungen mit den
Informationen zu den neuen Kataysatoren an Montecatini
weiter und schrieb in seinem Begleitbrief: „Ich darf Ver-
ständnis zwischen uns darüber voraussetzen, dass der wei-
tere Ausbau dieser Gruppe neuer Katalysatoren uns zu-
nächst vollständig überlassen bleiben soll.“ Als Berater 
von Montecatini waren Giulio Natta alle Informationen
aus dem Lizenzvertrag zugänglich, was ihm den schnellen
Einstieg in das neue Gebiet möglich machte. Seit einem 
Aufenthalt bei Hermann Staudinger 1932 in Freiburg hat-
te sich Giulio Natta intensiv mit geradkettigen Hochpoly-
meren und insbesondere mit ihrer strukturellen Charakte-
risierung durch Röntgen- und Elektronenbeugungsmetho-
den beschäftigt. Als Experte für Polymerchemie und tech-
nische Chemie wurde er 1938 von italienischen Regie-
rungs- und Industriekreisen beauftragt, die Forschung und 
Entwicklung zur Herstellung von künstlichem Kautschuk 

Die „Ziegler-Polymerisation“ im Laborversuch: Das Weckglas ist mit 

a

schneeweißem Polyethylen gefüllt.

16

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17

in Italien voranzutreiben. In diesem Zusammenhang be-
gann er auch selbst über die Polymerisation von petro-
chemischen Olefinen und Diolefinen zu forschen. Wie er 
1963 in seinem Nobelvortrag ausführte, habe er aufgrund 
seiner Kenntnisse der technischen Olefinchemie die Ein-
zigartigkeit und Bedeutung der Dimerisierung von

D

-Ole-

finen erkannt, die Karl Ziegler 1952 in einem vielbeach-
teten Vortrag über „Aluminium-organische Synthese im 
Bereich olefinischer Kohlenwasserstoffe“ anlässlich der 
Hauptversammlung der Gesellschaft Deutscher Chemiker 
auf der Achema in Frankfurt am Main beschrieb. Denn
mit Aluminiumalkylen war es möglich, von jedem einzel-
nen 

D

-Olefin nur ein Dimeres zu erhalten, während bisher 

eingesetzte kationische Katalysatoren nur komplexe Ge-
mische von Isomeren unterschiedlicher Struktur ergaben. 
Auf Betreiben von Giulio Natta hat Montecatini daraufhin 
im Januar 1953 den Lizenzvertrag mit Karl Ziegler abge-
schlossen.

Im Februar 1954 begann Giulio Natta mit seinen Mitar-

beitern die von Karl Ziegler in den Patentanmeldungen 
beschriebenen Experimente zur Polymerisation des Ethy-
lens bei Normaldruck nachzuarbeiten. Beeindruckt von
der Effektivität, mit der die Polymerisationsreaktion kata-
lysiert wurde, beschloss er, die Polymerisation auch auf 
andere Olefine als Ethylen, insbesondere auf 

D

-Olefine 

und Vinylverbindungen wie Styrol (Vinylbenzol
C

6

H

5

CH=CH

2

), zu erweitern. Mit den von Karl Ziegler 

beschriebenen Katalysatoren aus Aluminiumtriethyl oder 
Diethylaluminiumchlorid und Titantetrachlorid konnten
Polymere aus Propylen, 1-Buten und Styrol hergestellt 
werden. Im Fall von Styrol, das man schon lange vorher 
durch Licht oder Radikale bildende Verbindungen poly-
merisieren konnte, fiel auf, dass die Eigenschaften des er-
haltenen Produktes völlig anders waren als die der bisher 
bekannten Polymerisate. Giulio Natta beobachtete, dass 
diese ersten Polymerisate aus Propylen, 1-Buten und 
Styrol, die mit Katalysatoren aus Aluminiumalkylen und 
Titantetrachlorid erhalten wurden, nicht einheitlich waren, 
sondern aus einem Gemisch verschiedener Produkte be-
standen, von denen einige amorph, leichter löslich und 
nicht kristallisierbar, andere schwerer löslich, kristallin 
oder kristallisierbar waren. Nach Abtrennen der amorphen 

Bestandteile durch Extraktion mit Lösungsmitteln konn-
ten die Strukturen der kristallisierten Produkte von Poly-
propylen und Polystyrol mithilfe von Röntgenbeugungs-
methoden bestimmt werden. Es zeigte sich, dass alle ter-
tiären, d. h. die mit Methyl- bzw. Phenylgruppen substitu-
ierten Kohlenstoffatome gleich konfiguriert waren, es sich 
also, wie Giulio Natta es nannte, um isotaktisches Poly-
propylen bzw. Polystyrol handelte (siehe den Kasten auf 
Seite 5). Im kristallinen Zustand bilden die Kohlenstoff-
ketten von isotaktischem Polypropylen und Polystyrol 
links- und rechtsgängige Spiralen mit jeweils drei Mono-
mereinheiten für eine Windung, sogenannte 3

1

-Helices, 

wobei die Methyl- bzw. Phenyl-Seitengruppen alle nach
Außen weisen. Die geordnete Kristallpackung der zu Spi-
ralen gewundenen Makromoleküle verleiht den kristalli-
nen isotaktischen Polymeren besondere technologische 
Eigenschaften. In dem erwähnten italienischen Patent 
vom 8. Juni 1954 stellten Montecatini und Giulio Natta 
Anspruch auf die Herstellung von Polypropylen mit Kata-
lysatoren aus Aluminiumtriethyl und Titanchlorid sowie
auf die festen, kristallinen Polypropylen-Produkte mit 
regelmäßiger Struktur, die man durch Röntgenbeugung
bestimmt hatte. Mit dem zweiten Patent vom 27. Juli
1954 wurden die Ansprüche auf die Herstellung gleichar-
tiger Polymere aus Olefinen mit vier und mehr Kohlen-
stoffatomen und ihre kristallinen Polymerprodukte erwei-
tert. Die Katalysatoren, mit denen man aus Propylen und

D

-Olefinen die Gemische von amorphen und kristallinen 

Polymerprodukten erhalten hat, beschrieb Giulio Natta in
beiden Anmeldungen als „Ziegler-Katalysatoren“ und 
kennzeichnete damit klar den Ausgangspunkt seiner Ar-
beit. Erst später hat er die Zusammensetzung und die Her-
stellungsweise von Ziegler-Katalysatoren modifiziert, 
u. a. durch Verwendung von kristallinem Titantrichlorid 
anstelle flüssigen Titantetrachlorids, wodurch eine nahezu
ausschließlich stereospezifische Polymerisation zu kristal-
linem isotaktischem Polypropylen möglich wurde. Mit 
einem Ziegler-Katalysator aus Vanadiumtetrachlorid 
(VCl

4

) und Dialkylaluminiumchlorid-Verbindungen 

(R

2

AlCl) konnte Giulio Natta 1962 schließlich auch die

stereospezifische Polymerisation von Propylen zu kristal-
linem syndiotaktischem Polypropylen mit alternierender 
Anordnung der Methyl-Seitengruppen erreichen (siehe 
den Kasten auf Seite 5).

Karl Ziegler hatte am 21. Juli 1954 eine erste Probe des

in Mülheim hergestellten Polypropylens nach Mailand ge-
schickt, in der Giulio Natta durch Röntgenbeugung einen
45-prozentigen kristallinen Anteil feststellte. Demnach 
hatte man in Mülheim und Mailand mit den neuen
Ziegler-Katalysatoren ganz ähnliche Polypropylen-Pro-
dukte erhalten. Die italienischen Patentanmeldungen, die 
Montecatini und Giulio Natta einreichten, ohne zuvor 
Karl Ziegler zu informieren oder sein Einverständnis ein-
zuholen, haben das Verhältnis der beiden gemeinsamen 
Nobelpreisträger für Chemie des Jahres 1963 nachhaltig
belastet und zu einem komplizierten Patentstreit über drei 
Jahrzehnte zwischen dem Mülheimer Institut und Monte-
catini geführt. In Deutschland wurden die Patentanmel-
dungen von Montecatini nach mehrjährigem Prüfverfah-
ren und massiven Einsprüchen seitens mehrerer Firmen 
1966 letztlich wegen formeller Mängel rechtswirksam 
abgelehnt. Daraufhin gewann Karl Zieglers Patentanmel-

Karl Ziegler wird am 29. 5. 1959 zum Ehrenhäuptling „Mu-guh-gal-a“ 
(Medizinmacher) der Ponca-Indianer, eines Stammes der Sioux, er-
nannt. Die Zeremonie nehmen die beiden Häuptlinge Big Buffalo und 
Little Buffalo anlässlich eines Besuches zur Einweihung der Alfol-Ver-
suchsanlage im Forschungszentrum der Conoco in Ponca-City, Oklaho-
ma, USA, vor.

17

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dung vom 3. August 1954, deren amtliche Prüfung infol-
ge einer gewissen Einigung mit Montecatini zunächst aus-
gesetzt worden war, grundlegende Bedeutung für Lizenz-
verträge im Bereich Polypropylen. Das Anmeldeverfahren
wurde 1967 wiederaufgenommen, jedoch wegen Verhin-
derungsversuchen durch Firmen, die bisher keine Lizenz 
erhalten hatten, erlangte das Patent erst Ende 1973 nach
Beschwerde vor dem deutschen Bundespatentgericht 
seine Gültigkeit. Inzwischen war die Laufzeit des Patent-
schutzes schon drei Jahre abgelaufen und Karl Ziegler 
bereits verstorben. 

Die Hauptauseinandersetzung mit Montecatini und

Giulio Natta erfolgte in den Jahren 1960 bis 1983 vor dem 
Patentamt und Gerichten der USA, des wichtigsten Mark-
tes. Im Sinne einer starken Patentsituation waren Karl
Ziegler und Montecatini bei Auslandsanmeldungen zu 
einer Kooperation gezwungen, und beide Parteien reich-
ten ihre Anmeldungen zu Polypropylen am selben Tag
ein, um zu vermeiden, dass eine US-Anmeldung der ande-
ren entgegengehalten würde. Ansonsten wollte man ver-
suchen, die Anmeldungen getrennt zur Erteilung zu brin-
gen. Am Ende eines sehr langwierigen Prüfverfahrens er-
teilte das amerikanische Patentamt 1969 der US-Anmel-
dung von Karl Ziegler die Anerkennung der Priorität vom 
3. August 1954. Die von Montecatini und Giulio Natta 
beanspruchte Priorität vom 3. Juni 1954 und 27. Juli 1954 
wurde aberkannt, da das zugrunde liegende erste italieni-
sche Patent Giulio Natta als alleinigen Erfinder auswies 
und in den USA die aus dem ersten und zweiten Patent 
kombinierte Anmeldung unter Nennung von drei Erfin-
dern, Guilio Natta, Piero Pino und Georgio Mazzanti er-
folgt war. Nach amerikanischem Gesetz war dies ohne 
Korrektur nicht möglich. Die zweite italienische Anmel-
dung vom 27. Juli 1954 wurde als „Verbesserungsanmel-
dung“ eingestuft, die nicht der Anmeldung von Karl 
Ziegler und seinen Mitarbeiter entgegenstehe. Ein Antrag
Karl Zieglers, mit dem er im Zusammenhang der von 
Montecatini beanspruchten Prioritäten widerrechtliche
Entnahme geltend gemacht hatte, war für die Entschei-
dung des amerikanischen Patentamtes nicht mehr rele-
vant. Montecatini beendete daraufhin die vertragliche 
Bindung mit Karl Ziegler für die USA und versuchte über 
viele Jahre vor Gericht, die Prioritätsfrage in ihrem Sinne 
zu lösen und die Erteilung eines Patentes zur Polymerisa-
tion von Propylen und

D

-Olefinen an Karl Ziegler zu ver-

hindern, beides aber erfolglos. 1983 kam es schließlich zu 
einem Vergleich, in dem Montecatini alle Vorwürfe und 
Prioritätsansprüche zurücknahm und Schadenersatz nach 
Mülheim leistete. Zuvor hatte 1981 Montecatini in einem 
anderen Gerichtsverfahren, an dem Karl Ziegler nicht 
beteiligt war, schon den Stoffschutz für Polypropylen in
den USA, der 1971vom amerikanischen Patentamt zuer-
kannt worden war, an Phillips Petroleum verloren. Auch 
in den langjährigen Gerichtsprozessen, die Karl Ziegler ab
1966 wegen Patentverletzung vor allem gegen einige US-
Firmen einzuleiten gezwungen war, hat der Prioritätsstreit 
mit Montecatini und Giulio Natta immer wieder mitge-
spielt. 1982 hat Richter C. M. Wright (District Court, 
Wilmington, Delaware, USA) in seinem Urteil im Verfah-
ren gegen die Firma Dart zur Prioritätsfrage für die Her-
stellung von Polypropylen festgestellt (Übersetzung des 
englischen Textes): „Durch die Anwendung der Entdek-

kung Zieglers (Katalysator) waren Natta bei Montecatini,
Martin im Max-Planck-Institut und anschließend viele 
andere imstande, kristallines Polypropylen im kommer-
ziellen Maßstab herzustellen.“ Zwei Jahre später wurde
dies vom höchsten Beschwerdegericht in Washington D.
C. wie folgt bestätigt (Übersetzung des englischen Tex-
tes): „Es waren Ziegler und seine genannten Miterfinder,
die diese Katalysatoren erfunden haben und Natta darüber 
berichteten. Es ist hier unerheblich, wer der erste war, der 
diese Katalysatoren dazu benutzte, um Propylen zu poly-
merisieren.“ Die Gerichte der USA stuften das Patent der 
Ziegler-Katalysatoren als „Pionier-Patent“ ein, dem ein 
möglichst breiter Schutz zu gewähren sei, während die 
Arbeiten von Giulio Natta abhängig von den Informatio-
nen gewesen seien, die man von Karl Ziegler erhalten
hatte. 

Eine weitere Entscheidung des amerikanischen Patent-

amtes in Washington erwies sich für das Mülheimer In-
stitut als unerwartet segensreich. Bei der Prüfung einer 
der ersten Patentanmeldungen für die USA verlangte der 
Prüfer von Karl Ziegler eine Teilung der Anmeldung. Er 
vertrat die Auffassung, dass ein Verfahren zur Polymeri-
sation von Ethylen und 

D

-Olefinen und die Herstellung

von Katalysatoren unabhängig zu verwerten seien. Es 
könne schließlich ein Katalysator verkauft werden, ohne
dass Ethylen polymerisiert werde. Karl Ziegler musste 
sich dieser Forderung des Prüfers beugen, so ärgerlich er 

ff

wegen der in seinen Augen unnötigen Verzögerung der 
Patenterteilung auch war. Das erste Patent auf die Ziegler-
Katalysatoren wurde dann 1963 erteilt, das zweite für den
Schutz des Verfahrens aber erst 1978. Dies lag daran, 
dass bei Einsprüchen gegen Anmeldungen die amerika-
nische Patentprüfung langwierige, sogenannte Interfer-
ence-Verfahren zur Feststellung der Priorität der verschie-
denen Anspruchsinhalte vorsieht und es bei der zweiten
Anmeldung wiederholt langjährige Unterbrechungen der 
Prüfung gab. Im Patentrecht der USA war bis vor Kurzem 
die Laufzeit des Patentschutzes 17 Jahre ab Erteilung fest-
gelegt. Mit der Erteilung des Verfahrenspatentes zwei
Jahre vor Ablauf des Katalysatorpatentes genoss das Mül-
heimer Institut in den USA von 1963 bis 1995 insgesamt 
32 Jahre Patentschutz für die Polymerisation von Propy-
len. Dagegen hatten auch alle Klagen der amerikanischen
Industrie bis zum höchsten Beschwerdegericht in Wash-
ington wegen Doppelpatentierung keinen Erfolg, da die
Teilung des Patentes Ende der 1950-er Jahre vom Prüfer 
verlangt worden war und nie korrigiert wurde. Allerdings 
wurde inzwischen das US-Patentgesetz geändert und wie
weltweit üblich eine Laufzeit von 20 Jahren ab Patentan-
meldung festgeschrieben, so dass sich ein Fall wie diese 
„Lex Ziegler“ der Patentgeschichte schwerlich wiederho-
len kann. 

Aus der vorhergehenden Schilderung wird zumindest in 

Umrissen ersichtlich, wie außerordentlich erfolgreich Karl 
Ziegler es verstand, seine bahnbrechende Erfindung pa-
tentrechtlich zu schützen und weltweit durch Options- 
und Lizenzverträge wirtschaftlich zu verwerten. In den 
Jahren 1952 bis 1994 wurden 80 – 90 Options- und 
Lizenzverträge weltweit an Firmen vergeben, darunter 
viele Industriegiganten der Chemie und Petrochemie.
Angesichts der stürmischen Entwicklung des Lizenzge-
schäftes war es von großem Vorteil, dass mit der von 

18

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19

Franz Fischer 1925 gegründeten Studien- und Verwer-
tungsgesellschaft mbH – ab 1955 Studiengesellschaft 
Kohle mbH – die hierfür notwendige Organisationsform 
im Institut bereits vorhanden war und somit Karl Ziegler 
als Institutsdirektor und zugleich als Geschäftsführer der 
für das Institut treuhänderisch tätigen Gesellschaft alle 
Fäden selbst in der Hand behielt. Die Lizenzen und Ein-
nahmen waren die eine Seite der Medaille, die zahllosen
Einsprüche gegen die Patentanmeldungen und die Ver-
letzungen der erteilten Patente die andere. Von 1956 bis
1999 mussten 149 Einsprüche einschließlich Patentver-
letzungen und juristische Angriffe auf die Schutzrechte 
überwunden werden. Viele Vertragspartner sowie eine
große Zahl anderer haben nichts unversucht gelassen, die 
Erteilung der Patente zu verhindern oder ihre Reichweite
zu begrenzen und ihre Rechtsbeständigkeit anzugreifen. 
Der geschilderte Patentstreit mit Montecatini und Giulio
Natta erstreckte sich über 29 Jahre, das angesprochene
Verfahren zur Klage wegen Patentverletzung gegen die
amerikanische Firma Dart lief über 18 Jahre, bis endlich 
die Entscheidungen zugunsten des Mülheimer Instituts 
zustande kamen. Karl Ziegler wurde 1969 als Direktor 
des Instituts emeritiert, blieb aber bis zu seinem Tod in 
der Geschäftsführung der Studiengesellschaft Kohle. Neu 
in die Geschäftsführung kamen satzungsgemäß der neue
Institutsdirektor Günther Wilke sowie Heinz Martin, der 
1970 zum Geschäftsführer bestellt wurde. Heinz Martin, 
Miterfinder vor allem des Polypropylenprozesses, hatte 
sich parallel zu seiner wissenschaftlichen Tätigkeit schon 
seit Längerem an der Seite von Karl Ziegler mit der 
chemisch-technischen und patentrechtlichen Seite der Er-
findung und schließlich mit Lizenzgeschäften befasst und
übernahm dann ab 1970 bis in die 1990-er Jahre haupt-
amtlich die Wahrung der Interessen des Institutes sowohl 
bei der Lizenzvergabe als auch bei der Verteidigung der 
Schutzrechte. In seinem 2002 erschienenen Buch „Poly-
mere und Patente – Karl Ziegler, das Team, 1953 – 1998“
hat er die komplizierte und spannende Geschichte um die 
Patente der Ziegler-Katalysatoren ausführlich geschildert, 
die „wohl weltweit erfolgreichste Verwertung von Erfin-
dungen aus nicht industrieller Forschung aller Zeiten“,
wie Joseph Straus, Direktor am Max-Planck-Institut für 
geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht, im 
Vorwort schreibt. Aus den Einnahmen konnte sich das

Institut bis zum Jahre 1995 über einen Zeitraum von 40 
Jahren selbst finanzieren. Darüber hinaus leisten der 
Ziegler-Fonds und die Ziegler-Stiftung, die Karl Ziegler 
1968 und 1970 einrichtete und dem Institut übertrug, mit 
ihren Erträgen bis heute einen erheblichen Anteil der In-
stitutsfinanzierung. Weltweit werden heute pro Jahr schät-
zungsweise 40 Millionen Tonnen Polypropylen und 30
Millionen Tonnen Polyethylen (high density und linear 
low density PE) nach Verfahren hergestellt, die auf Karl

h

Zieglers Erfindung zurückgehen. 

Neue Institutsgebäude und personelle Erweiterung 

Die Lizenzeinnahmen, die 1954 schon fast 19 Millio-

nen DM einbrachten – bei einem Jahresetat des Instituts 
von damals 1,2 Millionen DM – ermöglichten Karl
Ziegler, die dringend erforderliche Erneuerung und Er-
weiterung des Institutes einzuleiten. Neben Renovierun-
gen und Umbauten im alten Instituts- und Hörsaalgebäude
wurde 1954/55 zunächst die neue Versuchsanlage nach 
Ideen des technischen Leiters Kurt Zosel gebaut, die den
alten „Fabrikbau“ aus der Ära von Franz Fischer ergänzte
und erstmals ein wirklich sicheres Arbeiten unter hohem 
Druck im größeren, halbtechnischen Maßstab möglich
machte. Sie diente u. a. im Frühjahr 1957 zur Herstellung
mehrer Tausend Liter von Aluminiumtrialkylen, die für 
verschiedene Projekte im Institut benötigt, aber von der 
Lizenz nehmenden Industrie damals noch nicht produziert 
wurden. 1956 wurde im Hof eine Baracke als Behelfs-
laboratorium für die Arbeitsgruppe von Günther Wilke in
Betrieb genommen und mit dem Bau des Kesselhauses 
begonnen. Das dreigeschossige Bibliotheks- und Verwal-
tungsgebäude wurde im Jahr 1962 fertig gestellt, und in
den Jahren 1962 bis 1967 wurde das zehngeschossige La-
borhochhaus errichtet. Als Erweiterung der Forschungs-
gebiete wurde 1958 auf dem Institutsgelände die selb-
ständige Abteilung Strahlenchemie beheimatet, zu deren 
Leiter Günther O. Schenck, ehemaliger Doktorand und 
Habilitand bei Karl Ziegler während der Hallenser Zeit 
und inzwischen Professor an der Universität Göttingen, 
berufen wurde. Mit der Gründung und ersten provisori-
schen Unterbringung der neuen Abteilung in Gebäuden 
des Stamminstituts leistete Karl Ziegler die notwendige
Starthilfe, während die laufende Finanzierung und die
endgültige Errichtung und Einrichtung der erforderlichen 
Gebäude im Laufe der 1960-er Jahre über die Max-
Planck-Gesellschaft und Zuschüsse des Bundesministers
für Atomenergie erfolgten. Aus der selbständigen Abtei-
lung entstand dann 1981 das Max-Planck-Institut für 
Strahlenchemie mit drei Direktoren, zu dieser Zeit Oskar 
E. Polansky, Dietrich Schulte-Frohlinde und Kurt 
Schaffner. Durch die Neuberufungen der Direktoren Karl
Wieghardt und Wolfgang Lubitz in den 1990-er Jahren 
wurde die Forschung neu ausgerichtet und dementspre-
chend 2003 der Institutsname in Max-Planck-Institut für 
Bioanorganische Chemie geändert. Im Stamminstitut war 
die verfügbare Nutzfläche in den Gebäuden von 30 000
m

2

 bei Karl Zieglers Amtsantritt im Jahre 1943 auf 90 000

m

2

 bei seiner Emeritierung im Jahre 1969 gewachsen, und 

die Zahl der Mitarbeiter hatte sich von 13 auf rund 350 
erhöht. Unter Einbeziehung der Abteilung Strahlenchemie
war das Mülheimer Institut mit etwa 140 000 m

2

Nutz-

fläche und rund 550 Mitarbeitern das zur damaligen Zeit 
größte Institut der Max-Planck-Gesellschaft.

Karl Ziegler (in der Mitte) bei der Inbetriebnahme der HITAX-Anlage 
von Hercules Powder in Parlin, N. J., im Juni 1957: Die erste Produk-
tionsanlage für High Density Polyethylen in den USA. 

19

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20

Elektrochemische Synthesen 

Eine Beobachtung, die im Zusammenhang mit einer 

neuen Methode zur Herstellung von Aluminiumtriethyl
gemacht wurde, führte dazu, dass sich Karl Ziegler ab
1953 auch recht intensiv mit der elektrolytischen Ab-
scheidung von Aluminium und der elektrochemischen 
Synthese von Metallalkylverbindungen beschäftigte. Bei
dieser „Kryolith-Methode“ wurde Diethylaluminiumchlo-
rid mit zwei Äquivalenten Natriumfluorid umgesetzt und 
die Reaktionsmischung anschließend thermisch zu Alumi-
niumtriethyl, Kryolith (Na

3

AlF

6

) und Natriumchlorid ge-

spalten. Hierbei fand man, dass das Salz Natriumfluorid 
und Aluminiumtriethyl bei 100 

 120°C die Komplexver-

bindung Natriumtriethylaluminiumfluorid (

29

) bilden, aus 

der dann überraschenderweise durch Anlagerung eines
weiteren Äquivalentes Aluminiumtriethyl die 1:2-Kom-
plexverbindung Natriumhexaethyldialuminiumfluorid 
(

30

) entsteht (Et = CH

2

CH

3

):  

Die beiden Komplexsalze (

e b

be den

n

n K

K

pl xssaalzee

al

allz

lz

29

2

29

) und (

) u

u

un

nd

0

30

) schmelzen bei 72

sccch

hm

m l n b

beei

ellzz

°C bzw. 35 °C und leiten in der Schmelze den elektri-

e

d

z

teen

eel

schen Strom. Wie der Doktorand Herbert Lehmkuhl her-
ausfand, wird bei der Elektrolyse des 1:2-Komplexes (

30

)

an der Kathode reines Aluminium abgeschieden, und 
gleichzeitig entstehen an Anoden aus Kupfer oder Eisen
die Gase Ethan und Ethylen als Folgeprodukte von dort 
gebildeten Ethylradikalen. Benutzt man eine Anode aus 
Aluminium, so löst sich diese zu Aluminiumtriethyl auf. 
Eine solche elektrochemische Zelle kann daher zu einer 

elektrolytischen Aluminiumraffination oder zur kathodi-
schen Beschichtung metallischer Werkstoffe verwendet 
werden, ohne dass der aluminiumorganische Elektrolyt 
(

30

) verbraucht wird. Dagegen wird an einer Anode aus

Blei unter Verbrauch von Aluminiumtriethyl quantitativ
Bleitetraethyl gebildet, das mit dem Elektrolyten nicht 
mischbar ist und sich am Boden der Elektrolysezelle als
flüssige Schicht sammelt. Für einen kontinuierlichen Be-
trieb muss man der Zelle nur laufend Aluminiumtriethyl 
zusetzen und das Bleitetraethyl abziehen. Ab und zu ist es 
notwendig, auch noch das Aluminium auszutragen und 
die Anode zu ersetzen. Das Aluminium kann durch die 
Direktsynthese [Reaktionsgleichung (4)] mit Wasserstoff 
und Ethylen wieder in Aluminiumtriethyl zurückverwan-
delt werden, so dass insgesamt ein Prozess vorliegt, in
dem aus Blei, Wasserstoff, Ethylen und elektrischem 
Strom Bleitetraethyl gebildet wird. In ähnlicher Weise
ließen sich auch Anoden aus Magnesium, Quecksilber, 
Zinn, Antimon sowie Natrium und Kalium auflösen und 
in entsprechende Alkylverbindungen umwandeln. In
Anbetracht des wachsenden Bedarfs an Bleitetraethyl als 
Kraftstoffzusatz – 1957 wurden über 200 000 Jahreston-
nen allein in den USA hergestellt – hatte damals die Ent-
wicklung einer elektrochemischen Synthese von Bleitetra-
ethyl eine verlockende wirtschaftliche Perspektive. 

Die Entwicklung eines technisch durchführbaren Pro-

zesses zur elektrochemischen Synthese von Bleitetraethyl 
beschäftigte Karl Ziegler sowie mehrere Doktoranden und 
Mitarbeiter über mehr als 15 Jahre. Die kontinuierliche 
Austragung des an der Kathode abgeschiedenen Alumi-
niums erwies sich als unlösbares Problem und der Prozess 

Luftbild des Zieglerschen Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr im Jahr 1969, das damals das größte Institut der Max-
Planck-Gesellschaft war (Blickrichtung von Nordwest, Foto W. Moog, Kettwig; freigegeben durch Reg. Präs. Düsseldorf Nr. 19/51/4785). Vom 
Laborhochhaus am Margaretenplatz (links unten) reihen sich entlang der Lembkestraße das Bibliotheks-/Verwaltungsgebäude, das Hörsaalgebäude 
und das alte Institutsgebäude am Kaiser-Wilhelm-Platz (rechts oben). Hinter dem Bibliotheks-/Verwaltungsgebäude ist die Versuchsanlage mit dem 
flügelförmigen Dach zu erkennen. Rechts neben und hinter der Versuchsanlage befanden sich damals der alte „Fabrikbau“ aus der Fischer-Ära bzw. 
die Laborbaracke der Arbeitsgruppe von Günther Wilke. Hinter dem Laborhochhaus oben rechts im Bild sieht man das „L“-förmige Ge

a

bäude der 

Abteilung bzw. des späteren Max-Planck-Instituts für Strahlenchemie und dahinter das Kesselhaus mit seinem hohen Giebel. Auf dem Parkplatz
rechts neben dem Kesselhaus wurde 1977/78 ein Werkstattgebäude gebaut. 1979/80 wurden die Versuchsanlage an der Nordseite um das Drucktech-
nikum erweitert und der „Fabrikbau“ durch das „Physikgebäude“ ersetzt, das spektroskopische Arbeitsgruppen und die heutige Abteilung Theorie 
b

beherbergt. Die Laborbaracke von 1956 hat man im Mai 1982 abgerissen.

20

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21

musste so geändert werden, dass ein flüssiges Metall ab-
geschieden und abgezogen werden konnte. Die kathodi-
sche Abscheidung von flüssigem Natrium war zwar ober-
halb 100 °C mit einem Elektrolyten aus geschmolzenem 
Natriumaluminiumtetraethyl Na

+

[AlEt

4

]

 ohne weiteres 

durchzuführen, brachte aber zugleich neue Komplikatio-
nen mit sich. Denn für jedes Natriumatom, das an der Ka-
thode aus Na

+

[AlEt

4

]

 abgeschieden wird, erhält man an 

der Anode ein Ethylradikal unter Freisetzung von Alumi-
niumtriethyl. Infolgedessen entsteht an der Bleianode eine 
4:1-Mischung von Aluminiumtriethyl und Bleitetraethyl, 
was eine aufwendige Trennoperation erforderlich macht.
Des Weiteren ist ein Prozess mit kathodischer Natrium-
abscheidung wegen Sekundärreaktionen zwischen dem 
Natrium und den anodisch gebildeten Produkten nicht 
mehr in einer primitiven Zwei-Elektroden-Zelle zu betrei-
ben. Dieses Problem ließ sich mit einer Quecksilber-
kathode lösen, mit der Natrium als Amalgam abgeschie-
den und flüssig aus der Zelle abgezogen werden kann,
ohne dass es zu Sekundärreaktionen mit den anodisch ge-
bildeten Metallalkylen kommt. Zur Regeneration des
Elektrolyten wurde Natriumhydrid, das man aus Natrium 
und Wasserstoff herstellt, mit Aluminiumtriethyl zu 
Natriumaluminiumtriethylhydrid umgesetzt, das durch 
Addition von Ethylen Natriumaluminiumtetraethyl zu-
rückliefert: 

Insgesamt ist der Prozess sehr viel komplizierter als e

sg

gesaam

m

mt is

r P

Pro

ozeeesssss

ter als

a s eesss

eh

hr v

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v eel k

k

ko

ompllizie

hier geschildert werden kann, und dementsprechend wa-

er

ch

hilld

werd

ch n

nd

nd w

wa

nn u

un

u d

d d

dem

m

ren viele weitere Komplikationen und Probleme im Laufe

m

u

ne

d

der jahrelangen Entwicklungsarbeiten zu lösen. Für die 
Elektrolyse, dem wichtigsten Teilschritt des Prozesses,
wurden verschiedene Zelltypen konstruiert und getestet,
wobei sich Zellen mit rotierenden Kathoden und Anoden 
als sehr geeignet erwiesen. 1969 ließ Karl Ziegler in der 
Versuchsanlage des Instituts eine Apparatur für den kon-
tinuierlichen Betrieb des Gesamtprozesses errichten. Auf-
grund von Schwierigkeiten in einigen Anlagenteilen, u. a.
Verstopfungen im Elektrolytkreislauf, wurden die Ver-
suche um 1972 eingestellt. Inzwischen hatte weltweit das 
Interesse an Bleitetraethyl infolge von geändertem Um-
weltverhalten und verfügbaren Ersatzstoffen deutlich ab-
genommen und Karl Ziegler war bereits seit Sommer 1969 
emeritiert. 

Das Erfahrungspotential auf dem Gebiet der metall-

organischen Elektrochemie blieb allerdings im Institut 
erhalten, da Herbert Lehmkuhl, der an den Entwicklungen 
von Anfang an als Doktorand und danach als Assistent 
und Habilitand maßgeblich beteiligt war, inzwischen
Leiter einer Arbeitsgruppe geworden war und sich auch 
weiterhin bis zu seinem Ausscheiden im Jahre 1991 mit 
der Verwendung von elektrochemischen Methoden in der 
metallorganischen Chemie beschäftigte. Aus seinen For-
schungsarbeiten wurde im Institut ab 1973 ein technischer 
Prozess zur elektrochemischen Herstellung von Ferrocen
entwickelt.

Ab etwa 1980 zeigte die Industrie Interesse an der elek-

trochemischen Aluminiumbeschichtung mit aluminium-
organischen Elektrolyten. Man war zunehmend bestrebt,
Zink und Cadmium im Korrosionsschutz durch ungiftiges 

Aluminium zu ersetzen. Die Notwendigkeit, mit alumini-
umorganischen Verbindungen in geschlossenen Appara-
turen zu arbeiten, was früher als Nachteil galt, sah man in-
zwischen eher als Vorteil an, da eine Aufbereitung von
Abluft und Abwasser entfallen konnte. Siemens hatte auf 
der Grundlage der Mülheimer Entdeckung das SIGAL-
Verfahren (

Si

emens-

G

alvano-

Al

uminium) entwickelt, für 

das 1983 eine erste Anlage bei der Firma Schempp &
Decker in Berlin in Betrieb genommen wurde. Als Elek-
trolyt wurden in der Anlage 15 000 Liter einer 50-prozen-
tigen Lösung von Komplexsalzen des Typs (

30

) in Toluol

eingesetzt. Nach einer wechselvollen Geschichte mit Er-
richtung und Betrieb weiterer Anlagen in Bergisch-Glad-
bach, Troisdorf-Spich und Herschbach, die ebenso wie
die Berliner Anlage inzwischen nicht mehr existieren, 
betreibt die Aluminal Oberflächentechnik GmbH seit 
Anfang 2006 in Montabaur-Heiligenroth eine Anlage mit 
80 000 Liter Elektrolyt. Die heute zur Aluminiumbe-
schichtung verwendeten Elektrolyten, an deren Weiter-
entwicklung das Institut mit Herbert Lehmkuhl und Klaus 
Mehler beteiligt war, bestehen aus Toluollösungen der 
1:2-Komplexe von Natrium- oder Kaliumfluorid verschie-
dener Aluminiumtrialkyle (M

+

[Al

2

R

6

F]

 mit M = Na oder 

K und R = C

1

C

6

-Alkyl). Eine weitere Anlage steht in

den USA bei der Firma Alumiplate. Die Vereinigten-Alu-
minium-Werke (VAW) betrieben in den 1980/1990-er 
Jahren in Grevenbroich eine kleine elektrolytische Alumi-
niumraffination zur Herstellung von höchstreinem Alumi-
nium für Mikrochip-Speicher und Kondensatorfolien.
Auch hier hat sich das Institut an der Weiterentwicklung
des Elektrolyten von dem ursprünglich verwendeten
Komplexsalz (

30

) zu Elektrolytsystemen beteiligt, die mit 

mindestens der zehnfachen Stromstärke betrieben werden
konnten. Im Jahr 1990 kam eine Zusammenarbeit des
Instituts mit der AUDI AG in Ingolstadt zustande. In dem 
mehrjährigen Forschungsprojekt wurden Elektrolyte ent-
wickelt, mit denen Aluminium und Magnesium gemein-
sam zu Aluminium-Magnesium-Legierungen abgeschie-
den werden können. Durch elektrochemische Aluminium-
Magnesium-Beschichtung konnte verhindert werden, dass 
es bei den Stahlschrauben, mit denen die Getriebegehäuse
aus Aluminium-Magnesium-Legierungen bei AUDI-Mo-
toren verschraubt werden, zur Korrosion aufgrund der 
Bildung von Lokalelementen kam.  

Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Heidelberg an Karl
Ziegler am 18. 11. 1958. Von links: Georg Wittig, Otto Th. Schmidt,
Karl Ziegler und Karl Freudenberg. 

21

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22

WEITERENTWICKLUNGEN DER ZIEGLER-CHEMIE 

Die Entdeckung der Ziegler-Katalysatoren löste 1953/ 

1954 eine Revolution auf dem Gebiet der makromoleku-
laren Chemie aus. Als Folge der weltweiten Vergabe von 
Options- und Lizenzverträgen an die chemische Groß-

n

industrie entwickelte sich das Gebiet der Olefinpolymeri-
sation mit enormer Geschwindigkeit und führte zu zahl-
reichen Nachfolgeentwicklungen. Bei Goodrich Gulf 
Chemical, einem der ersten Lizenznehmer aus den USA,
entdeckte man Ende 1954/Anfang 1955, dass Isopren (

28

mit dem Ziegler-Katalysator aus Aluminiumtriethyl und 
Titantetrachlorid wahlweise zu cis-1,4-Polyisopren mit 
der Struktur des Naturkautschuks oder zu trans-1,4-Poly-
isopren mit der Struktur von Guttapercha polymerisiert 
werden kann, wobei die Selektivität durch das Verhältnis 
der Katalysatorkomponenten gesteuert wird. Auch aus
Butadien konnte mit unterschiedlichen Katalysatorrezep-
turen entweder cis- oder trans-1,4-Polybutadien herge-
stellt werden. Im Mülheimer Institut fand Günther Wilke 
1956 zur gleichen Zeit wie Giulio Natta in Mailand eine 
Katalysatorzusammensetzung (Titantetrabutanolat und 
Aluminiumtriethyl) zur Herstellung von 1,2-Polybuta-
dien. Ein Jahr später entdeckte er die Bildung der 12-glie-
drigen Ringverbindung Cyclododecatrien durch Verknüp-
fung von drei Molekülen Butadien an Ziegler-Katalysato-
ren aus Titantetrachlorid und Aluminiumalkylverbindun-
gen in bestimmten Mengenverhältnissen. Eine derartige
Cyclisierungsreaktion von Olefinen an Ziegler-Katalysa-
toren war eine neue Überraschung, die zu neuen Herstel-
lungsverfahren für Polyamidkunststoffe genutzt wurde. 

Die immense wirtschaftliche und technische Bedeutung 

der Ziegler-Katalysatoren hat weltweit zu einer intensiven

Forschung auf diesem 
Gebiet geführt, die bis 
heute unvermindert 
anhält. Eine wichtige 
Forderung für die 
technische Produktion
der Polyolefine war die
Erhöhung der Kata-
lysatoraktivität. Denn
anfangs war es zwin-
gend notwendig, die 
Katalysatorrückstände 
nach der Polymerisa-
tionsreaktion zu zer-
setzen und auszuwa-
schen, da zu hohe Ge-
halte an Titanchloriden 
und Alkylaluminium-
chloriden in den Poly-
meren beim Kontakt 
mit Feuchtigkeit Salz-
säure freisetzten und 
Korrosionen der Ver-

arbeitungsmaschinen verursachten. Infolge der stetigen
Weiterentwicklung besitzen heutige „Ziegler-Katalysa-
toren der 5. und 6. Generation“ Aktivitäten, die das Tau-
sendfache der ursprünglichen Katalysatoren erreichen 
können. Dadurch konnten die eingesetzten Mengen der 
Katalysatoren so verringert werden, dass ihre Reste nicht 
mehr aus dem Polymeren entfernt werden müssen. 

Eine erste Weiterentwicklung zu Katalysatoren der 2.

Generation erreichte man durch die gezielte Herstellung
von Titantrichlorid-Partikeln mit einer sehr viel größeren
Oberfläche, so dass nach Zusatz von Aluminiumalkylen
Katalysatoren mit höheren Aktivitäten erhalten wurden.
Die nächste Entwicklungsstufe gelang durch Aufbringen 
der Titankomponente auf anorganische Trägermaterialien.
Insbesondere die von Montecatini-Edison entwickelten
Trägerkatalysatoren auf kristallinem Magnesiumdichlorid
(MgCl

2

/TiCl

4

+ AlR

3

) erwiesen sich als besonders effizi-

ent und konnten in der Folge durch Zusätze 

 sogenannte

Donoren wie Benzoesäurealkylester, Silylether bzw. Al-
koxysilane und 1,3-Dietherverbindungen

 zu Ziegler-

Katalysatoren der 4. und 5. Generation („high speed“ oder 
„high mileage catalysts“ sowie „super high active cata-
lysts“) weiter aktiviert sowie in ihrer Stereospezifität ver-
bessert werden. 

Einen völlig anderen Weg beschritt man bei der Ent-

wicklung von löslichen Ziegler-Katalysatoren. Schon bald
nach der Entdeckung der ursprünglichen unlöslichen
Ziegler-Katalysatoren hatte man gefunden, dass mit orga-
nischen Komplexverbindungen wie Bis(cyclopenta-
dienyl)titandichlorid, sogenanntem Titanocendichlorid 
(C

5

H

5

)

2

TiCl

2

, und Aluminiumalkylen auch lösliche Poly-

merisationskatalysatoren für Ethylen erhalten werden
konnten. Diese waren zwar nur mäßig aktiv, aber auf-
grund ihrer Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln für 
mechanistische und kinetische Untersuchungen von
großem Interesse. Mit einem solchen löslichen Katalysa-
tor konnte Gerhard Fink, der von 1980 bis 2004 eine Ar-
beitsgruppe für makromolekulare Chemie und Polymeri-
sationskatalyse am Max-Planck-Institut für Kohlenfor-
schung leitete, durch

13

C-Kernresonanzspektroskopie ein-

deutig nachweisen, dass Ethylen, das mit dem Kohlen-
stoffisotop 

13

C angereichert war, durch den Einschub in 

die Titan

Kohlenstoff-Bindung polymerisiert wird und 

nicht, was viele zuvor vermutet hatten, in die Alumi-
nium

Kohlenstoff-Bindung wie bei der Zieglerschen

Aufbaureaktion. Seitdem geht man davon aus, dass die
aktiven Zentren von Ziegler-Katalysatoren an Übergangs-
metallatomen lokalisiert sind. Ebenfalls um 1980 wurde
gefunden, dass solche löslichen Titanocen- und entspre-
chende Zirkonocenkomplexe mit Methylaluminoxanen
(MAO), einem Produkt der partiellen Hydrolyse von 
Aluminiumtrimethyl mit komplexen Strukturen aus
[

O

Al(CH

3

)

]-Einheiten, sehr viel aktivere Katalysato-

ren bilden, welche dann auch Propylen polymerisieren, 
allerdings ohne jegliche Stereospezifität. Eine zuvor kaum 
für möglich gehaltene Weiterentwicklung gelang dann da-
durch, dass man in den Titanocenkomplexen die beiden 
Fünfringe der Cyclopentadienyl-Liganden (C

5

H

5

) mit 

starren Brücken aus einem oder zwei Atomen miteinander 
verband und zusätzlich noch mit sperrigen Substituenten
versah. Mitte der 1980-er Jahre wurde sowohl in Deutsch-
land (H.-H. Brintzinger, W. Kaminsky) als auch in den
USA (J. A. Ewen) entdeckt, dass mit löslichen Katalysa-
toren aus derartigen chiralen verbrückten Metallocenkom-
plexen des Titans oder Zirkoniums und Methylaluminoxa-
nen sowohl Propylen als auch andere

D

-Olefine hoch ste-

reospezifisch polymerisiert werden können. Durch die
starre dreidimensionale Struktur der „stereorigiden“ Me-
tallocenkomplexe sind alle Katalysatorzentren strukturell

Der damalige Präsident der Max-Planck-
Gesellschaft, Adolf Butenandt, anlässlich 
seines Institutsbesuchs am 17. 10. 1961
im Gespräch mit Karl Ziegler in der Bib-
liothek des alten Institutsgebäudes.

22

137051_GDCh_Broschuere_Historische_StaettenK2.indd   22

02.09.2009   16:14:34 Uhr

background image

 

23

einheitlich – man spricht von „single-site catalysts“ – und 
können durch das Design des organischen Liganden ge-
zielt den Anforderungen angepasst werden. Dies ermög-
licht eine äußerst präzise Kontrolle der Polymerisations-
reaktion, so dass heute mit solchen Ziegler-Katalysatoren 
der 6. Generation auch neue Monomere wie Cycloolefine 
polymerisiert und Polymere mit bestimmter Mikrostruktur 
und maßgeschneiderten Eigenschaften hergestellt werden
können. Für die molekularen Metallocenkatalysatoren
sind die Beziehungen zwischen Katalysatorstruktur und 
Polymerarchitektur inzwischen gut verstanden und kön-
nen mit den modernen Rechenmethoden der Theoreti-
schen Chemie vorausgesagt werden.  

Für technische Anwendungen werden die Metallocen-

verbindungen zusammen mit Methylaluminoxanen auf 
anorganische Trägermaterialen wie Kieselgele aufge-
bracht, um sie als Feststoffkatalysatoren in bestehenden
Polymerisationsverfahren einsetzen zu können. Die Wei-
terentwicklungen der Ziegler-Katalysatoren über mehr als 
50 Jahre sind in Übersichtsartikeln von Ludwig L. Böhm,
Hans-Herbert Brintzinger et al., Gerhard Fink und Rolf 
Mülhaupt ausführlich beschrieben.  

Abgesehen von der Bedeutung für die makromoleku-

lare Chemie wirkte die Entdeckung der Ziegler-Katalysa-
toren wie ein Zündfunke auch auf die Entwicklung der 
übergangsmetallorganischen Chemie und der metallorga-
nischen Komplexkatalyse. Es gab zwar schon seit 1827 
das nach seinem dänischen Entdecker benannte Zeise-
Salz K

+

[(H

2

C=CH

2

)PtCl

3

]

mit einem an Platin gebunde-

nen Ethylenmolekül, dem dann im Laufe der nächsten 12 
Jahrzehnte weitere, zum Teil eher zufällige Entdeckungen
von organischen Übergangsmetallverbindungen folgten.
Aber viele Lehrbuchautoren verbinden den Beginn der 
modernen übergangsmetallorganischen Chemie mit zwei 
Entwicklungen Anfang der 1950-er Jahre, der Synthese
von Ferrocen 1951 unabhängig durch zwei Gruppen in

den USA und England so-
wie der Entdeckung der 
Ziegler-Katalysatoren 
1953. Die ungewöhnli-
chen Eigenschaften von
Ferrocen (C

5

H

5

)

2

Fe, einem 

orangefarbenen Feststoff,
der sich in Kohlenwasser-
stoffen ausgezeichnet löst, 
aber eine für organische 
Eisenverbindungen uner-
wartet hohe Stabilität auf-
weist, löste in der Folge-
zeit systematische Unter-
suchungen zu sandwich-
artigen Übergangsmetall-
komplexen mit

ʌ

-gebun-

denen ungesättigten orga-

nischen Molekülen aus. Im Zusammenhang mit diesen 
Untersuchungen sind neben vielen anderen insbesondere
Geoffrey Wilkinson, Ernst Otto Fischer und Günther 
Wilke zu nennen. Aus der Entdeckung und Erforschung
neuartiger metallorganischer Verbindungen und Kataly-
satoren hat sich in wenigen Jahrzehnten eines der be-
deutendsten und innovativsten Teilgebiete der Chemie 
entwickelt. 

GIPFELBESTEIGUNGEN 

Wie eingangs erwähnt hat Karl Ziegler seinen wissen-

schaftlichen Weg häufig selbst als eine Wanderung in ein 
noch unerschlossenes Gebiet der organischen Chemie 
beschrieben und ist mit einem bemerkenswerten Orientie-
rungssinn einem Hauptweg gefolgt, von dem es nur weni-
ge Abzweigungen in kürzere Seitenwege zu anderen Ge-
bieten der organischen Chemie gegeben hat. Unterwegs 
hat er höchste Gipfel der metallorganischen Chemie
bestiegen, wobei er als begeisterter Bergsteiger oftmals
die „Diretissima“ zum Gipfel gewählt hat. Zu diesen Gip-
feln zählt das universelle Verfahren zur Herstellung von 
Alkyllithiumverbindungen aus Alkylchloriden und Li-
thiummetall, mit dem die Technik der Grignard-Reaktion 
vom Magnesium auf das Lithium übertragen werden
konnte. Georg Wittig, seit der gemeinsamen Zeit bei Karl 
von Auwers in Marburg ein lebenslanger, enger Freund 
und gelegentlicher Begleiter Karl Zieglers bei Bergtouren 
in den Alpen, hat das Verfahren dann auch zur Herstel-
lung von Phenyllithium eingesetzt und mit dieser Verbin-
dung – er selbst hat sie als seine „Wünschelrute“ bezeich-
net – seine wichtigsten Entdeckungen gemacht. Weitere 
Gipfel auf Wege Karl Zieglers sind die Direktsynthese 
von Aluminiumalkylen aus Aluminium, Olefinen und 
Wasserstoff, die Dimerisierung von 

D

-Olefinen mit Alu-

miniumalkylen, die Anwendung der Aufbaureaktion zur 

d

d

Synthese unverzweigter Fettalkohole und schließlich die
Mülheimer Polymerisationskatalysatoren, die ebenso 
spektakulär herausragen wie das Matterhorn aus den 
Schweizer Alpen, welches Karl Ziegler 1952 zusammen

aa

mit seinem Sohn Erhard und Günther Wilke über den 
Schweizer Hörnligrat bestiegen hat. 

Karl Ziegler hat die Chemie des 20. Jahrhunderts wie 

nur wenige andere geprägt und unseren Eintritt in das 
Kunststoffzeitalter, wenn nicht ausgelöst, so zumindest 
ungemein beschleunigt.

Der Bergsteiger Karl Ziegler (vermutlich 1930-er Jahre

).

Karl Ziegler mit dem Orden Pour le
Mérite für Wissenschaft und Künste
im Jahr 1969 (Foto E. Serwotke).

23

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24

DIE ZEIT NACH KARL ZIEGLER 

DAS MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR

KOHLENFORSCHUNG 1969 

1993 

UNTER DEM DIREKTOR GÜNTHER WILKE 

Die Nachfolge Karl Zieglers trat 1969 Günther Wilke 

an, der 1951 nach der Promotion bei Karl Freudenberg in
Heidelberg an das Mülheimer Institut gekommen war. 
Nach seiner Habilitation 1960 an der Rheinisch-Westfäli-
schen Technischen Hochschule in Aachen führten mehre-
re Berufungen auf Universitätslehrstühle 1963 zur Ernen-
nung zum Wissenschaftlichen Mitglied der Max-Planck-
Gesellschaft. Ein Ruf an die Eidgenössische Technische 
Hochschule Zürich gab Anlass, Günther Wilke 1967 mit 
dem Amt des zweiten Direktors und der Zusage, Zieglers 
Nachfolger zu werden, an das Institut zu binden. In den
Jahren 1978 – 1990 war er Vize-Präsident der Max-
Planck-Gesellschaft. 1969 wurde auch Roland Köster, der 
1952 als promovierter Mitarbeiter in das Institut einge-
treten war, zum Wissenschaftlichen Mitglied der Max-
Planck-Gesellschaft ernannt. Nach anfänglichen Arbeiten
über aluminiumorganische Verbindungen hat Roland
Köster ab Mitte der 1950-er Jahre die bororganische 
Chemie im Mülheimer Institut etabliert und diese mit 
seiner Arbeitsgruppe bis zur Emeritierung im Jahre 1992
weiter entwickelt. 

Wie bereits erwähnt wurde, hatte Günther Wilke 1956 

gefunden, dass Butadien mit einem Ziegler-Katalysator 
aus Titantetrabutanolat und Aluminiumtriethyl einheitlich
zu 1,2-Polybutadien polymerisiert wird. Andererseits
dimerisierte dieser Katalysator, wie zuvor Heinz Martin
beobachtet hatte, Ethylen zu 1-Buten. Der gleiche Kata-
lysator reagierte mit Ethylen und Butadien in völlig ver-
schiedener Weise, und so stellte sich für Günther Wilke 
die Frage, wie sich – umgekehrt – ein typischer Katalysa-
tor zur Ethylenpolymerisation gegenüber Butadien verhal-
ten würde. Ein entsprechender Versuch mit einem Kataly-
sator aus Titantetrachlorid und Diethylaluminiumchlorid 
(Ti:Al = 1:4,5) führte zur überraschenden Entdeckung,
dass drei Moleküle Butadien in Ausbeuten von über 80% 
zum ringförmigen Trimeren

trans

,

trans

,

cis

-1,5,9-Cyclo-

dodecatrien (

t,t,c

-1,5,9-CDT

31a

) verknüpft werden: 

TiCl

4

/Et

2

AlCl

[Ni]

31a

31b

Die weiteren Untersuchungen zeigten, dass ein Katalysa-
tor aus Chromoxychlorid (CrO

2

Cl

2

) und Aluminiumtri-

ethyl eine 40:60 Mischung von 

t,t,c

-1,5,9-CDT (

31a

) und 

dem all-

trans

-Isomeren 

t,t,t

-1,5,9-CDT (

31b

) liefert. 

Schließlich wurden Katalysatoren aus Nickel-bis(acetyl-
acetonat) und Aluminiumalkylen hergestellt, mit denen 
bevorzugt das all-

trans

-Isomere (

31b

) mit 80% Ausbeute

neben 9% des 

trans,trans,cis

-Isomeren (

31a

) sowie 11% 

eines dritten Isomeren (

t,c,c

-1,5,9,-CDT, nicht abgebildet) 

entsteht. Diese Katalysatoren waren besonders wirksam,
wenn man die Reduktion von Nickel-bis(acetylacetonat) 
mit Aluminiumtriethyl direkt in Gegenwart von Butadien

durchführte. Denn die auf diesem Wege gebildeten 
Nickelatome werden, bevor sie sich zu größeren Metall-
partikel vereinigen können und somit aus der Lösung aus-
geschieden werden, von Butadien in Form von 

ʌ

-Komple-

xen gebunden. Es entstehen rot-orange Lösungen, mit 
denen Butadien ohne Bildung polymerer Nebenprodukte
zu 1,5,9-CDT (

31

) umgesetzt werden kann. Aus diesen 

Beobachtungen wurde eine allgemein anwendbare Her-
stellungsmethode für 

ʌ

-Komplexe von Olefinen mit Über-

gangsmetallen entwickelt. Zum Beispiel ließen sich die
Nickelkomplexe

32

– 

34

 durch Reduktion von Nickel-bis-

(acetylacetonat) mit Aluminiumalkylen in Gegenwart von 
z. B. 

t,t,t

-1,5,9-CDT (

31b

), 1,5-Cycloctadien (1,5-COD 

36

) bzw. Cyclooctatetraen synthetisieren. Das thermisch 

sehr labile Tris(ethylen)nickel (

35

), der Grundkörper aller 

Olefin-Nickelkomplexe, wurde allerdings aus dem Kom-
plex (

32

) durch Verdrängen von 

t,t,t

-1,5,9-CDT (

31b

) mit

einem Überschuss an Ethylen hergestellt. 

Die Nickelkomplexe (

ck

k

e (

32

3

) und (

33

3

) erwiesen sich eben-

n sic eeb

)) e

ch

h

falls als Katalysatoren für die Cyclotrimerisierung von

s K

en

cllo

un

ng

Butadien zu 1,5,9-CDT (

31

), da überschüssiges Butadien

sowohl 1,5,9-CDT (

31

) aus dem Komplex (

32

) als auch 

beide Moleküle 1,5-COD (

36

) aus dem Komplex (

33

)

schon bei Raumtemperatur verdrängt und dann immer 
wieder neuer 1,5,9-CDT-Nickelkomplex (

32

) aus Buta-

dien und Nickel gebildet wird. Für Nickelatome in Kom-
plexverbindungen, deren Liganden vollständig durch den
Reaktionspartner, im vorliegenden Fall Butadien, ver-
drängt werden können, führte Günther Wilke die Bezeich-
nung „nacktes Nickel“ ein. 

Die Blockierung einer Koordinationsstelle am Nickel-

katalysator mit einem Phosphorliganden (Phosphin oder 
Phosphit), der nicht mehr durch Butadien verdrängt wer-
den kann, führte dazu, dass die Cyclotrimerisation in eine 
Cyclodimerisierung zu den Produkten 1,5-COD (

36

), 

4-Vinylcyclohexen (

37

) und 

cis

-1,2-Divinylcyclobutan 

(

38

) umgelenkt wurde. In der weiteren Entwicklung lernte

man, die Produktselektivität durch die sterischen und 
elektronischen Eigenschaften des Liganden so zu steuern, 
dass 1,5-COD (

36

) in Ausbeuten von über 95% entsteht. 

Auch eine gemeinsame Umsetzung von zwei Molekü-

Um

m

vo

on

Mo

ol

len Butadien und einem Molekül Ethylen zu

oleek

en

cis,trans

ra

an

-1,5-

Cyclodecadien (

39

) ließ sich an „nacktem Nickel“ in Aus-

beuten bis zu 80% verwirklichen. Somit wurden überra-
schend einfache und effiziente Synthesen für acht-, zehn- 
und zwölfgliedrige Kohlenstoffringe gefunden, die in 
anderen Synthesemethoden eine auffallend geringe Bil-
dungstendenz aufweisen und daher zuvor nur sehr mühe-
voll und kostspielig herzustellen waren.

DIE ZEIT NACH KARL ZIEGLER 

24

137051_GDCh_Broschuere_Historische_StaettenK2.indd   24

02.09.2009   16:14:36 Uhr

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25

Der zuvor erwähnte neue sandwich-artige Komplex 

(

34

) aus zwei Nickelatomen und zwei Molekülen Cyclo-

octatetraen erwies sich als der bisher wirksamste Kata-
lysator für die von Walter Reppe bei der BASF in den
1940-er Jahren gefundene nickelkatalysierte Cyclotetra-
merisierung von Acetylen zu Cyclooctatetraen. Viele ex-

u

perimentelle Indizien sprechen dafür, dass der Komplex 
(

34

) die aktive Katalysatorspezies der Cyclooctatetraen-

Synthese ist. Im Katalysezyklus verdrängt überschüssiges 
Acetylen ein Molekül Cyclooctatetraen, und in der Koor-
dinationssphäre der beiden benachbarten Nickelatome
werden dann vier Acetylenmoleküle zu neuem Komplex
(

34

) verknüpft. 

In den Untersuchungen zur Cyclodi- und Cyclotrimeri-

sierung von Butadien mit Nickelkatalysatoren konnten bei
tiefen Temperaturen nickelhaltige Zwischenprodukte iso-
liert werden, an deren chemischen Eigenschaften Günther 
Wilke erkannte, dass im katalytischen Prozess neben  

ʌ

-Olefinkomplexen des Butadiens wie (

40

) offenbar auch 

ʌ

-Allylkomplexe beteiligt sind. In diesen zur damaligen 

Zeit noch wenig bekannten Komplexen werden drei be-
nachbarte Kohlenstoffatome an ein Metallatom koordi-
niert. Der Übergang vom 

ʌ

-Olefinkomplex (

40

) in den

Bis(

ʌ

-allyl)komplex (

41a

) öffnet einen Reaktionspfad,

entlang dem die beiden am Nickelatom koordinierten Bu-
tadienmoleküle zu einer achtgliedrigen Kohlenstoffkette 
verknüpft werden und die beiden Kettenenden bei gleich-
zeitiger Koordination eines zusätzlichen Phosphorligan-
den zunächst als 

ʌ

-Allylgruppen am Nickel gebunden

bleiben. Bei der Verdrängung vom Nickel durch über-
schüssiges Butadien werden dann die Kettenenden über 
die 

V

-Allylform (

42

) zum Achtring von 1,5-COD (

36

) zu-

sammengefügt, wobei über isomere

V

-Allylformen – hier 

nicht gezeigt – auch die sechs- und viergliedrigen Ringe 
der Vinylverbindungen 

37

 und 

38

gebildet werden kön-

nen. Ist kein Phosphorligand vorhanden, wird stattdessen 
im Bis(

ʌ

-allyl)komplex (

41b

) ein weiteres Butadienmole-

kül koordiniert, dessen Einschubreaktion in eine Nickel-

ʌ

-allylgruppe die acht- zur zwölfgliedrigen Kohlenstoff-

kette im Komplex (

43

) verlängert. Der Ringschluss führt 

zum Nickelkomplex (

32

), aus dem 1,5,9-CDT (

31

) durch 

überschüssiges Butadien unter Bildung von neuem Bis-
(butadien)nickel (

40

) freigesetzt wird.

Um eine Beteiligung von

ng

g vo

ʌ

-Allylnickelkomplexen in

en

icck

den entdeckten katalytischen Reaktionen zu untermauern, 

maau

ytiissc

on

ne

wurde aus Allylmagnesiumchlorid (

44

) und Nickeldibro-

mid Bis(

ʌ

-allyl)nickel synthesiert, das als 3:1 Mischung

der trans- und cis Isomeren (

45a

) bzw. (

45b

) erhalten

wird. Wie die Olefinnickelkomplexe (

32

) und (

33

) kataly-

sierte auch Bis(

ʌ

-allyl)nickel (

45a

/

45b

) die Cyclotrimeri-

sation von Butadien zu 1,5,9-CDT (

31

). Im Reaktionsge-

misch ließ sich 1,5-Hexadien (H

2

C

=

CHCH

2

CH

2

CH

=

CH

2

Diallyl) nachweisen, das durch Verknüpfung der beiden 
Allylliganden bei ihrer Verdrängung vom Nickel durch
Butadien im ersten Schritt der Katalyse entsteht. Die Bil-
dung von 1,5-Hexadien entspricht dem Ringschluss der 
Kettenenden zu den Ringverbindungen aus Butadien.
Auch sonst verhielt sich Bis(

ʌ

-allyl)nickel (

45a

/

45b

) völ-

lig analog zu den bei der Cyclodi- und Cyclotrimerisation
von Butadien isolierten nickelhaltigen Zwischenstufen, 
die im weiteren Verlauf der Arbeiten mit spektroskopi-
schen Methoden eingehend untersucht und strukturell auf-
geklärt wurden. Damit konnten grundlegende Erkenntnis-
se zu den Mechanismen dieser katalytischen Prozesse und 
zur Wirkungsweise von löslichen molekularen Über-
gangsmetallkatalysatoren gewonnen werden. Die Arbei-
ten zur nickelkatalysierten und ligandgesteuerten Cyclodi-
und Cyclotrimerisierung von Butadien sowie die im Zu-
sammenhang damit durchgeführten systematischen Unter-
suchungen zu

ʌ

-Allylkomplexen des Nickels und anderer 

Übergangsmetalle zählen zu Pionierleistungen in der ho-
mogen Katalyse und metallorganischen Chemie.

Bereits in der ersten Veröffentlichung über „Synthesen

r „„S

th

hees

deer

in der Cyclododecanreihe“ in der Angewandten Chemie

dtte

em

m

mi

1957 wies Günther Wilke den Weg zur technischen Ver-
wertung der Ringverbindungen aus Butadien für die Pro-
duktion von Polyamiden. Sowohl die Cyclotrimerisation
als auch die Cyclodimerisation von Butadien fanden
schon bald industrielle Anwendung zur Herstellung von 
speziellen Nylonsorten, Polymeren und technisch inter-
essanten Olefinen. Seit den 1970-er Jahren produziert die 
Firma Degussa (Hüls AG) 1,5,9-CDT (

31

) in mittlerweile 

über 26 000 Jahrestonnen, um daraus über die Zwischen-
produkte Cylododecan (

46

), Cyclododecanon (

47

) und 

Laurinlactam (

48

) Nylon-12 (Vestamid

®

) herzustellen.

Weitere Anlagen zur Cyclotrimerisation von Butadien
werden in Frankreich (Shell), USA (Du Pont) und Japan
(Mitsubishi Chemicals) betrieben, so dass eine weltweite
Kapazität von insgesamt etwa 100 000 Jahrestonnen er-
reicht wird.  

N

H

2

Kat.

N

O

N (CH

2

)

11

H

O

H

C (CH

2

)

10

C

CH

2

H

2

N

NH

2

O

HO

O

OH

n

CH

2

N

H

C

O

(CH

2

)

10

C

O

H

n

C

Du Pont

Degussa
(Hüls AG)

Qiana

®

Vestamid

®

31a/b

46

O

[O]

47

48

49

50

- H

2

O

25

Vestamid

®

®

®

 findet aufgrund seiner Formstabilität und 

Haltbarkeit vielfältige Anwendungen für z. B. Druckluft-

137051_GDCh_Broschuere_Historische_StaettenK4.indd   25

15.09.2009   12:18:24 Uhr

background image

26

bremsleitungen von Nutzfahrzeugen, Kraftstoffleitungen,
Sohlen von Sportschuhen, Sportgeräten, Kabelisolierun-
gen, Korrosionsschutzschichten und Textilfasern. Zur 
Herstellung der Polyamidfaser Qiana

®

 von Du Pont, die

man wegen ihrer seidenähnliche Eigenschaften für hoch-
wertige Stoffe in der Damenoberbekleidung verwendet,
wird Cyclododecanon (

47

) zu Decan-1,10-dicarbonsäure 

(

49

) oxidiert und mit Diaminodicyclohexylmethan (

50

kondensiert.

Seit 1980 wird bei der Degussa (Hüls AG) auch die 

Cyclodimerisation von Butadien zu 1,5-COD (

36

) groß-

technisch eingesetzt, um Cycloocten (

51

) und hieraus 

durch Ringöffungsmetathese-Polymerisation (ROMP) 
unter katalytischer Spaltung und Neuknüpfung der Dop-
pelbindung den Spezialkautschuk Polyoctenamer (Vesten-
amer

®

) herzustellen. 

enamer

m r

Ves

esst

®

en Jahresproduktion bei 12 000 Ton-

esp

n b

be

beii 

i 1

12

2 00

00

0

0 T

0

, dess

ssse

nen liegt, erleichtert als Zusatzstoff die Verarbeitung von

V

lieg

rt a

Kautschukmischungen und wird neuerdings auch im Stra-
ßenbau als Bindemittel zwischen Asphalt und zugemisch-
tem Gummipulver aus Altreifen eingesetzt. Aus Cyclo-
octen (

51

) und Cyclododecen, das aus 1,5,9-CDT (

31

durch Hydrierung von zwei Doppelbindungen erhalten 
wird, stellt Shell durch Metathese mit Ethylen die tech-
nisch interessanten Olefine 1,9-Decadien und 1,13-Tetra-
decadien her (FEAST-Prozess).

Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel für das Prinzip 

der Ligandsteuerung von Nickelkatalysatoren stellt die 
Dimerisierung von Propen dar. Mit den hoch aktiven Ka-
talysatoren (

52

) aus 

ʌ

-Allylnickelchlorid-Phosphinkom-

plexen und Diethylaluminiumchlorid ließen sich je nach
Wahl der Substituenten am Phosphor entweder Hexene 
(

53

) und 2-Methylpentene (

54

) oder 2,3-Dimethylbutene

(

55

) als Hauptprodukte erhalten. Auf diesen Arbeiten von

Günther Wilke mit Borislav Bogdanovi

ü

basiert das heute

weltweit im Maßstab von ca. 2,5 Millionen Jahrestonnen
betriebene Dimersol-Verfahren des Institut Français du 
Pétrole, mit dem aus Propen, n-Butenen und Ethylen ver-
zweigte Olefine vor allem für die Verwendung als Kraft-
stoffkomponenten hergestellt werden. 

n von nickel-

n

n v

vo

on

n n

möglichkei

m

m

mög

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h

hk

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Die Erkenntnisse der Steuer

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ite

iteeeen

ee

ni

n c

katalysierten Kohlenstoff

ff Kohlenstoff-Verknüpfungen

t f

k

mit Phosphinliganden führten dazu, dass Günther Wilke
schon Ende der 1960-er Jahre Untersuchungen zur kataly-
tisch verlaufenden enantioselektiven Synthese aufnahm.
Unter enantioselektiver Synthese versteht man die Bil-
dung einer chiralen Verbindung mit einem möglichst 
hohen Überschuss eines der beiden Enantiomeren (eines
von zwei spiegelbildlichen Stereoisomeren). Zum Bei-
spiel führte die Codimerisierung von Norbornen (

56

) und 

Ethylen mit einem Katalysator (

52

), dessen Phosphin-

ligand chirale Substituenten besitzt, zu chiralem 

exo

-2-Vi-

nylnorbornan (

57

, chirale C-Atome markiert) mit einem 

Enantiomerenüberschuss (enantiomeric excess „

ee“

) von 

67%. Anfang der 1970-er Jahre waren die Mülheimer Co-
dimerisierungen von zyklischen Olefinen mit Ethylen die 
ersten Beispiele einer katalytischen enantioselektiven
Synthese, bei der chirale Verbindungen mit hohem Enan-
tiomerenüberschuss durch C

C-Verknüpfung entstehen. 

Mit einem Nickelkatalysator (

52

), der ein dimeres Amino-

phosphol als chiralen Liganden enthielt, konnte Günther 
Wilke 15 Jahre später die Codimerisierung von Styrol
(

58

) und Ethylen zu chiralem 3-Phenyl-1-buten (

59

) mit 

95,2% 

ee

 verwirklichen, d. h. das spiegelbildliche Enan-

tiomere fällt nur noch in 2,4 % an. Die Reaktion, jetzt als 
Hydrovinylierung von Styrol bezeichnet, ließ sich für die 
enantioselektive Synthese von Ibuprofen

®

und strukturell 

verwandten Arzneimitteln einsetzen.  

iten über die ligandengesteuerte homogene

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Katalyse mit Übergangsmetallkomplexen fanden welt-

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an

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pleex

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Üb

ber

nd

den

weite Anerkennung. Neben zahlreichen Auszeichnungen 
erhielt Günther Wilke die Ehrendoktorwürde der Univer-
sitäten Aachen, Louvain-la-Neuve, Chicago (1976),
Oviedo (1982), New York at Binghampton (1990), 
Modena (1994), und Rostock (2003). 

Zusammen mit Herbert Lehmkuhl und Wilhelm Eisen-

bach wurde 1973 eine elektrochemische Darstellung von
Eisen(II)ethanolat (

60

) entwickelt, die Anwendung in der 

industriellen Synthese von Ferrocen (

61

) mit einer Kapa-

zität von 300 Jahrestonnen fand. Das im Elektrolyten, ei-
ner 0.15 molaren Lösung von Natriumbromid in Ethanol,
unlösliche Eisen(II)ethanolat wird abgetrennt und mit 
zwei Äquivalenten Cyclopentadien zu Ferrocen (

61

) und 

Ethanol umgesetzt. Mit Ausnahme des von Zeit zu Zeit 
notwendigen Ersatzes der Eisenanoden kann die Elektro-
lyse automatisch und der Gesamtprozess, bei dem nur 
Wasserstoff als Nebenprodukt anfällt, weitgehend konti-
nuierlich betrieben werden. Bei der Konstruktion der 
Elektrolysezelle mit ergänzbaren Eisenanoden und ver-
schiebbaren, rotierenden Scheibenkathoden konnte man
auf den Erfahrungen aufbauen, die im Institut Jahre zuvor 
im Zusammenhang mit Karl Zieglers elektrochemischer 
Bleitetraethylsynthese erarbeitet worden waren. Ferrocen 

            Günther Wilke im Jahr 1989 (Foto W. Joppek).

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27

(

61

) findet zunehmend technische Verwendung, so u. a. 

zur Verbrennungsregulation in Heizöladditiven. 

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grünen Kaffeebohnen mit überkritischem Kohlendioxid,

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die man inzwischen weltweit für die industrielle Herstel-
lung von koffeinfreiem Kaffee anwendet. Als Leiter der 
Versuchsanlage machte er 1962 bei der Zieglerschen Auf-
baubaureaktion von Aluminiumtriethyl (

17

) mit Ethylen

die Beobachtung, dass Gase im überkritischen Zustand als
Lösungsmittel fungieren können. Denn es kam vor, dass
in die Druckgefäße mit flüssigem Aluminiumtriethyl zu-
viel Ethylengas aufgepresst wurde, da sich Ethylen bei
Raumtemperatur, d. h. nur 10 – 15 °C oberhalb seiner kri-
tischen Temperatur, besonders leicht komprimieren lässt,
so dass die Druckanzeige wenig über die tatsächlich auf-
gepresste Menge aussagt. Aus diesem Grund wurde die
Ethylenmenge durch Wägung bestimmt, und zuviel auf-
gepresstes Ethylen, das bei dem anschließenden Aufhei-
zen auf 100 °C zu hohe Drücke verursacht hätte, musste 
gegebenenfalls wieder abgelassen werden. Wegen der 
Selbstentzündlichkeit von Aluminiumtriethyl ließ man
das Ethylen sicherheitshalber über eine Kühlfalle abbla-
sen, in der sich tatsächlich Aluminiumtriethyl abschied.
Aufgrund des hohen Siedepunktes von 194 °C hätte Alu-
miniumtriethyl eigentlich im Autoklav verbleiben müs-
sen, so dass man zunächst annahm, es werde als Tröpf-
chen mitgerissen. Erst die Meinungsverschiedenheit mit 
einem Lizenznehmer über die Frage, ob die Aufbaupro-
dukte gewisse Mengen an

D

-Olefinen aus der schon ein-

setzenden Verdrängungsreaktion enthielten, veranlasste 
Kurt Zosel systematisch zu untersuchen, inwieweit Ethy-
len unter Druck fähig ist, hoch siedende Stoffe wie Alu-
miniumtriethyl und 

D

-Olefine zu lösen und mitzuschlep-

pen. Schnell stellte sich heraus, dass ein allgemeines Prin-
zip der Stofftrennung gefunden worden war, und die kon-
sequente Weiterverfolgung und Suche nach Anwendun-
gen gipfelte schließlich in der hoch selektiven Entkoffei-
nierung grüner Kaffeebohnen mit überkritischem Kohlen-
dioxid. Das Verfahren wurde ab 1980 zuerst von der Hag
AG in Bremen angewendet und hat inzwischen weltweit 
ältere, weniger selektive und aus toxikologischer Sicht 
bedenkliche Entkoffeinierungsverfahren mit Lösungsmit-
teln wie Dichlormethan oder Ethylacetat weitgehend ver-
drängt. 

Lösliche (homogene) Organometallkatalysatoren kön-

nen auch in der Synthese von anorganischen Verbindun-
gen eingesetzt werden. Borislav Bogdanovi

ü

, der 1960 als 

Doktorand zu Günther Wilke gekommen war und später 
über Jahrzehnte eine Arbeitsgruppe am Institut leitete,
entdeckte 1979 die homogenkatalytische Hydrierung von 
Magnesiumpulver mit Wasserstoff zu hochreaktivem 
Magnesiumhydrid (MgH

2

) unter milden Bedingungen.

Aktive Katalysatoren werden z. B. durch Umsetzen von 
Magnesiumpulver mit Übergangsmetallchloriden wie 
CrCl

3

, TiCl

4

 oder FeCl

3

in Gegenwart von etwas Anthra-

cen im Lösungsmittel Tetrahydrofuran erhalten. Das 
Magnesiumhydrid, das noch den Katalysator enthält, ist 
hochreaktiv und kann durch Erhitzen auf 300 °C wieder 

in Wasserstoff und reaktives Magnesiumpulver gespalten 
werden, das dann seinerseits wiederum mit Wasserstoff 
bei 20 – 60 °C zu Magnesiumhydrid unter Freisetzung der 
Hydrierwärme von 75 kJ mol

1

 hydriert werden kann. Ein

derartiges mit Übergangsmetallkatalysatoren dotiertes 
Magnesiumhydrid/Magnesium-System stellt aufgrund 
seines hohen Gehaltes an reversibel gebundenem Wasser-
stoff von ca. 7 Gew.-% einen chemischen Wasserstoff-
speicher oder alternativ einen Hochtemperatur-Wärme-
speicher dar. Allerdings ist das System als „Tank“ für 
Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb nicht geeignet, da der 
Energieinhalt der Auspuffgase bei der erforderlichen ho-
hen Temperatur nicht ausreicht, den Wasserstoff aus dem 
Speicher auszutreiben. Für die Anwendung als solarther-
mischer Wärmespeicher wurden in einem öffentlich ge-
förderten Verbundprojekt des Instituts mit dem Institut für 
Kernenergetik und Energiesysteme der Universität 
Stuttgart und der Firma HTC Solar in Lörrach erste Mo-
delle eines kleinen Solarkraftwerks und einer Solaranlage
zum Kochen und Kühlen gebaut. 

1995 fand Borislav Bogdanovi

ü

, dass die Dehydrie-

rung/Rückhydrierung von Natriumaluminiumhydrid
(NaAlH

4

= NaH + Al + 

3

/

2

 H

2

) durch Dotierung mit Titan-

verbindungen katalysiert werden kann. In der Folgezeit 
konnte diese Katalyse durch intensive Forschung im Insti-
tut und auch andernorts entscheidend verbessert werden,
so dass NaAlH

4

heute zu den am weitesten entwickelten 

reversiblen Wasserstoffspeichermaterialien zu zählen ist. 
Mit einer Speicherkapazität von über 5 Gew.-% bei 100
°C erreicht man Bedingungen, die schon recht nahe an die
Anforderungen (ca. 10 Gew.-% und Betrieb unter 80 °C)
für eine Anwendung in Fahrzeugen kommen. Seit 1998 
wird diese Forschung im Institut gemeinsam von Borislav 
Bogdanovi

ü

 und Ferdi Schüth mit Förderung der Adam 

Opel AG/General Motors Corporation durchgeführt.

Die Schilderung der Forschung in der Zeit von1969 bis

1993 konzentrierte sich im Wesentlichen auf die Arbeits-
gruppe von Günther Wilke und Entwicklungen im Insti-
tut, die zu technischen Anwendungen führten. Darüber 
hinaus wurde breite Grundlagenforschung zur metallorga-
nischen Chemie, homogenen Katalyse, Kohlechemie, 
Strukturchemie und analytischen Chemie auch in weiteren
selbständigen Arbeits- und wissenschaftlichen Service-
gruppen betrieben, deren Leiter in der Mehrzahl schon in
der Amtszeit von Karl Ziegler an das Institut gekommen
waren. Im Rahmen dieser Broschüre können nur die 
Namen mit den Hauptarbeitsgebieten genannt werden:
Reinhard Benn (Kernresonanzspektroskopie von metall-
organischen Verbindungen), Helmut Bönnemann (homo-
gene Katalyse, cobalt- und rhodiumorganische Chemie), 
Borislav Bogdanovi

ü

 (homogene Katalyse, chemische

Wasserstoffspeichermaterialien), Paul Binger (metallorga-
nische Chemie, homogene Katalyse u. a. mit reaktiven
Methylencyclopropanen und Cyclopropenen), Wilhelm 
Eisenbach (Versuchsanlage), Gerhard Fink (Polymerisa-
tionskatalyse), Wolfgang Haaf (Technik, Drucktechni-
kum), Matthias W. Haenel (Kohle- und Aromaten-
chemie), Paul Heimbach (homogene Katalyse), Dieter 
Henneberg (Massenspektrometrie), Heinz Hoberg (homo-
gene Katalyse u. a. mit Kohlenmonoxid, Kohlendioxid
und Acetylenverbindungen), Ernst G. Hoffmann (instru-
mentelle Analytik, Kernresonanzspektroskopie), Peter W. 

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28

Jolly (homogene Katalyse und Komplexchemie mit 
Nickel-, Palladium- und Chromkatalysatoren), Klaus 
Jonas (Komplexchemie), Roland Köster (bororganische
Chemie), Carl Krüger (Strukturchemie und Röntgen-
strukturanalyse), Herbert Lehmkuhl (metallorganische
Chemie und Elektrochemie), Heinz Martin (Polymerisa-
tionskatalyse, Studiengesellschaft Kohle mbH), Richard 
Mynott (Kernresonanzspektroskopie), Klaus Pörschke 
(Komplexchemie), Wolf J. Richter (Bibliothek und Infor-
mationsdienste), Roland Rienäcker (Chemie aliphatischer 
Kohlenwasserstoffe und Terpene), Gerhard Schomburg 
(Chromatographie und Kapillarelektrophorese), Klaus 
Seevogel (optische Molekülspektroskopie), Engelbert 
Ziegler (Datenverarbeitung, Computerabteilung) und Kurt 
Zosel (Versuchsanlage).  

DAS MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR

KOHLENFORSCHUNG NACH 1993

Als Nachfolger von Günther Wilke und Direktor des

Instituts wurde 1993 Manfred T. Reetz ernannt, der seit 
1980 einen Lehrstuhl für Organische Chemie an der Uni-
versität Marburg inne hatte. In seiner eigenen Forschungs-
gruppe etablierte er neue Projekte zur Katalyse, zu Über-
gangsmetallkolloiden und zur gerichteten Evolution von 
enantioselektiven Enzymen. Für das Institut insgesamt 
leitete er eine wissenschaftliche Neuorientierung sowie

ff

eine tiefgreifende organisatorische Umstrukturierung ein, 
was zur Einrichtung von fünf Abteilungen mit je einem 
Wissenschaftlichen Mitglied der Max-Planck-Gesell-
schaft als Direktor führte. Manfred T. Reetz übernahm 
selbst die Leitung der Abteilung „Synthetische Organi-
sche Chemie“, und 1995 wurde zunächst Andreas Pfaltz
von der Universität Basel als Direktor für die Abteilung
„Homogene Katalyse“ berufen. Es folgten die Berufungen 
von Ferdi Schüth 1998 für die Abteilung „Heterogene
Katalyse“, Alois Fürstner 1998 für die Abteilung „Metall-
organische Chemie“ und Walter Thiel 1999 für die Abtei-
lung „Theorie“. Nachdem Andreas Pfaltz das Institut 
1998 aufgrund der Rückberufung nach Basel wieder 
verlassen hatte, blieb die Direktorenstelle der Abteilung
„Homogene Katalyse“ einige Zeit vakant, bis 2005
Benjamin List berufen wurde. Die Direktoren der fünf 
Abteilungen bilden ein Direktorium, das für alle Entschei-
dungen gemeinsam verantwortlich ist. Die Belange des
Instituts werden von dem geschäftsführenden Direktor 
wahrgenommen, der aus dem Direktorium gewählt wird
(Manfred T. Reetz bis 2002, Ferdi Schüth 2003 – 2005,
Walter Thiel 2006 – 2008, Alois Fürstner ab 2009). 

Das zentrale, abteilungsübergreifende Arbeitsgebiet des

heutigen Instituts ist Grundlagenforschung zur Katalyse.
Dabei wird ein Höchstmaß an Chemo-, Regio- und Ste-
reoselektivität unter milden Bedingungen angestrebt, da-
mit die Reaktionen möglichst energie- und ressourcen-
schonend ablaufen. Die Katalyse gilt weltweit als die
Schlüsseltechnologie für ökonomisch und ökologisch op-
timierte Prozesse in der chemischen Industrie. Mit homo-
gener und heterogener Katalyse, Organokatalyse, Bio-
katalyse, metallorganischer und synthetischer organischer 
Chemie sowie Theorie vereint das Institut alle wichtigen 
Teilbereiche der Katalyse unter einem Dach. Dieses Kon-
zept gewährleistet eine „kritische Masse“ mit einer ent-

sprechenden apparativen Ausstattung und schafft Syner-
gien, die notwendig sind, um die aktuellen wissenschaft-
lichen Herausforderungen auf dem Gebiet der Katalyse
anzugehen.

Wie alle Max-Planck-Institute wird auch das Institut für 

Kohlenforschung in regelmäßigen Abständen von einem 
international besetzten Fachbeirat evaluiert. Die hierfür 
erstellten Forschungsberichte finden sich auf den Internet-
seiten des Instituts (www.kofo.mpg.de). Sie geben detail-
lierte Auskunft zu den Forschungsprojekten, die seit 2001
am Institut bearbeitet werden.

NAHEZU HUNDERT JAHRE 

KATALYSEFORSCHUNG 

Wie bereits erwähnt, stammt der Vorschlag, ein Kaiser-

Wilhelm-Institut für Kohlenforschung im Ruhrgebiet zu
errichten, von dem Berliner Chemiker und Nobelpreisträ-
ger Emil Fischer. In seiner Rede vor führenden Vertretern 
aus dem Bergbau, der Stahlindustrie, Wissenschaft und 
Politik anlässlich der Gründungsversammlung, die am 29.
Juli 1912 im Kurhaus Raffelberg in Mülheim an der Ruhr 
stattfand, skizzierte er die Aufgaben des künftigen Insti-
tuts und nannte neben der Erforschung der Kohlen die
Herstellung flüssiger Brennstoffe aus festen Brennma-
terialien sowie das „schier unbegrenzte Kapitel der Kata-
lyse“ als erfolgversprechende Forschungsziele. Zu der da-
maligen Zeit steckte die Katalyse noch in ihren Anfängen
und war im Wesentlichen auf Gasreaktionen beschränkt.
Man hatte die Herstellung von Schwefelsäure weitgehend 
auf das Kontaktverfahren der Luftoxidation von Schwe-
feldioxid zu Schwefeltrioxid umgestellt und bei der BASF 
gerade den Haber-Bosch-Prozess zur Ammoniaksynthese 
in die Großtechnik übertragen. Es gab erste Studien zur 
katalytischen Umwandlung von Kohlenmonoxid und
Wasserstoff zu Methan, und man kannte die Fetthärtung 
mittels Hydrierung von Doppelbindungen in Pflanzenölen 
und Fischtran mit „katalytisch erregtem“ Wasserstoff.
Aus der Retrospektive von heute muss man Emil Fischers 
visionäre Fähigkeit und Weitsicht, auf der Grundlage des
damaligen Kenntnisstandes das enorme Entwicklungs-
potential der Katalyse zu erkennen und Katalyseforschung 

Die Direktoren des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung im Jahr 
2008. Von links im Treppenhaus des Altbaus: Benjamin List, Manfred  
T. Reetz, Ferdi Schüth, Alois Fürstner und Walter Thiel (Foto M. Teske).

28

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als ein Arbeitsgebiet für ein künftiges Kohlenforschungs-
institut vorzuschlagen, neidlos bewundern.  

In seiner jetzt fast hundertjährigen Geschichte hat das 

Mülheimer Kohlenforschungsinstitut mit erstaunlicher 
Kontinuität Katalyseforschung betrieben und grundlegen-
de Entdeckungen hervorgebracht, ohne dass man – insbe-
sondere in den ersten fünfzig Jahren – ausschließlich auf 
Katalyse fokussierte Wissenschaftler berufen hätte. Einen 
gewaltigen ersten Meilenstein setzte Franz Fischer 1925
mit der Fischer-Tropsch-Synthese, die zugleich eine uni-
verselle Lösung für das damals und heute dringende Pro-
blem brachte, aus festen Brennmaterialien flüssige Brenn-
stoffe herzustellen. Einen zweiten, eher noch größeren
Meilenstein hinterließ Karl Ziegler mit seinen metallorga-
nischen Polymerisationskatalysatoren, obwohl die von
ihm 1943 in das Institut eingebrachten und dann beharr-
lich weiterverfolgten Arbeitsgebiete zunächst keinerlei
Bezug zur Katalyse erkennen ließen. Sowohl die Fischer-
Tropsch-Synthese als auch die Ziegler-Polymerisation
von Olefinen beruhen auf der heterogenen Katalyse mit 
Feststoff-Katalysatoren. Mit der Entwicklung von mole-
kular gelösten Übergangsmetallkatalysatoren für die 
homogene Katalyse gelang es Günther Wilke, einen
weiteren Meilenstein hinzuzufügen, auf der Grundlage  

LITERATUR 

Ausgewählte Veröffentlichungen von Karl Ziegler 

(für das vollständige Schriftenverzeichnis siehe G. Wilke, 
Nachruf auf Karl Ziegler, 

Liebigs Ann. Chem. 1975

, 805–833). 

K. Ziegler, Zur Kenntnis des „dreiwertigen“ Kohlenstoffs, I: Über Tetra-
aryl-allyl-Radikale und ihre Derivate (als Habilitationsschrift bei der 
Philosophischen Fakultät der Universität eingereicht), 

Liebigs Ann.

Chem. 1923

434

, 34–78. 

K. Ziegler, B. Schnell, Zur Kenntnis des „dreiwertigen“ Kohlenstoffs, II: 
Die Umwandlung von Äthern tertiärer Alkohole in organische Kalium-
verbindungen und sechsfach substituierte Äthanderivate, 

Liebigs Ann.

Chem. 1924

437

, 227–255.

K. Ziegler, K. Bähr, Über den vermutlichen Mechanismus der Polymeri-
sationen durch Alkalimetalle (Vorläufige Mitteilung), 

Ber. Dtsch. Chem.

Ges

1928

,

61

, 253–263. 

K. Ziegler, H. Colonius, Untersuchungen über alkali-organische Verbin-
dungen, V: Eine bequeme Synthese einfacher Lithiumalkyle,

Liebigs 

Ann. Chem. 1930, 479

, 135–149. 

K. Ziegler, H. Eberle, H. Ohlinger, Über vielgliedrige Ringsysteme, I: 
Die präparativ ergiebige Synthese der Polymethylenketone mit mehr als 
6 Ringgliedern,

Liebigs Ann. Chem. 1933

504

, 94–130.

K. Ziegler, Die Bedeutung der alkalimetallorganischen Verbindungen 
für die Synthese,

Angew. Chem. 1936

,

28

, 455–460 und 499–502.

K. Ziegler, Ueber Butadienpolymerisation und die Herstellung des 
künstlichen Kautschuks,

Chem. Ztg. 1938

,

62

, 125–127.

K. Ziegler, G. Schenck, E. W. Krockow, A. Siebert, A. Wenz, H.
Weber, Die Synthese des Cantharidins, 

Liebigs Ann. Chem. 1942

,

551

,

1–79.

K. Ziegler, A. Späth, E. Schaaf, W. Schumann, E. Winkelmann, Die 

ff

Halogenierung ungesättigter Substanzen in der Allylstellung, 

Liebigs

Ann. Chem. 1942

,

551

, 80–119. 

G. Schenck, K. Ziegler, Die Synthese des Ascaridols,

Naturwissenschaften 1944

,

32

, 157. 

K. Ziegler, H.-G. Gellert, Untersuchungen über alkali-organische Ver-
bindungen, XVI: Die thermische Beständigkeit von Lithiumalkylen, 

Liebigs Ann. Chem. 1950

,

567

, 179–184. 

der Komplexbildung von Übergangsmetallatomen mit 
Liganden, die das Entstehen fester Metallpartikel ver-
hindert und zugleich eine Steuerung der katalytischen
Reaktionen ermöglicht. Mit der wissenschaftlichen Neu-
orientierung und organisatorischen Umstrukturierung
durch Manfred T. Reetz wurde die Forschung auf neue
Bereiche in der Katalyse wie die Biokatalyse, Organo-
katalyse sowie Theorie erweitert und das Institut insge-
samt sehr viel breiter für die Katalyseforschung aufge-
stellt. Gegenwärtige Schwerpunkte sind die Biokatalyse 
mit der gelenkten Evolution von enantioselektiven Enzy-
men (Reetz), die heterogene Katalyse mit der Entwick-
lung nanostrukturierter Katalysatoren und kombinatori-
scher Verfahren (Schüth), die Organokatalyse mit der 
Entdeckung enantioselektiver Reaktionen (List), die
Synthese komplexer Naturstoffe unter Verwendung neuer 
Übergangsmetallkatalysatoren (Fürstner) und die theore-
tische Modellierung katalytischer Reaktionen (Thiel).

In wenigen Jahren wird das Max-Planck-Institut für 

Kohlenforschung seinen hundertsten Geburtstag feiern 
und dann dank der Weitsicht Emil Fischers auf eine eben-
so lange, sehr erfolgreiche Tradition in der Katalysefor-
schung zurückblicken können. 

K. Ziegler, H.-G. Gellert, Untersuchungen über alkali-organische Ver-
bindungen, XVIII: Addition von Lithiumalkylen an Äthylen,

Liebigs

Ann. Chem. 1950

,

567

, 195–203.

K. Ziegler, Neuartige katalytische Umwandlungen von Olefinen, 

Brennst.-Chem

.

1952

,

33

, 193–200. 

K. Ziegler, H. Breil, E. Holzkamp, H. Martin (Studien- und Verwer-
tungsgesellschaft), Verfahren zur Herstellung von hochmolekularen 
Polyäthylenen, DBP 973626 (Priorität 18.11.

1953

, erteilt am

14.04.

1960

).

K. Ziegler, H.-G. Gellert (Studien- Verwertungsgesellschaft), Verfahren
zur Herstellung von Aluminiumtrialkylen und Aluminiumalkylhydriden 
(Direktsynthese von Aluminiumalkylen), DBP 961537 (Priorität
02.02.

1954

, erteilt am 28.04.

1957

).

K. Ziegler, H. Breil, H. Martin, E. Holzkamp (Studien- und Verwer-
tungsgesellschaft), Verfahren zur Homopolymerisation von Propylen 
und 

D

-Butylen, DBP 1257430 (Priorität 03.08.

1954

, erteilt am 

18.07.

1974

).

K. Ziegler (Studien- und Verwertungsgesellschaft), Verfahren zur Her-
stellung primärer Alkohole (Basisverfahren für die Herstellung biolo-
gisch abbaubarer Waschmittel), DBP 1014088 (Priorität 07.08.

1954

,

erteilt am 20.11.

1959

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Die Broschüre wurde verfasst von Prof. Dr. Matthias W. Haenel, Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, Mülheim an der Ruhr. Die Bilder wurden,
wenn nichts anderes angegeben ist, dem Archiv des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung entnommen.

Copyright: Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, Mülheim an der Ruhr, 2009. 

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