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Die Geburtsstunde der Zürcher S-Bahn

Der Mai 1968 brachte nicht nur die weltweiten Proteste von Studierenden nach Zürich. Heute vor 40 Jahren fuhr erstmals der «Goldküstenexpress», ein Vorläufer der S-Bahn, am rechten Seeufer.
Zwei SBB-Züge, die ab dem 26. Mai 1968 auf der Strecke Zürich-Meilen-Rapperswil verkehrten. (Bild: Photopress)

Zwei SBB-Züge, die ab dem 26. Mai 1968 auf der Strecke Zürich-Meilen-Rapperswil verkehrten. (Bild: Photopress)

eb. Seit 1990 fährt die Zürcher S-Bahn. Pendler und Ausflügler kennen seither die Annehmlichkeiten einer dichten Zugfolge mit leicht merkbarem Taktfahrplan und bequemen Wagen. Die Anfänge der S-Bahn reichen jedoch weiter zurück. Am 26. Mai 1968 verkehrte am rechten Zürichseeufer erstmals eine Vorortsbahn der SBB nach starrem Fahrplan im Halbstundentakt und mit erheblich reduzierter Reisezeit zwischen Zürich und Rapperswil via Meilen. Der Volksmund erhob sie liebevoll und stolz zum «Goldküstenexpress». Bis sie rollte, mussten die Bundesbahnen und der Kanton Zürich gemeinsam finanzielle und bauliche Hürden überwinden. Nach dem Krieg wuchsen die Weindörfer entlang der 1894 erbauten rechtsufrigen Bahnlinie rasant und mutierten zu geschätzten Wohngemeinden, aus denen Arbeitnehmer und Schüler nach Zürich pendelten. Klagen erhoben sich, weil der Zug in die Stadt zu lange brauchte und anfällig für Verspätungen war. Die Kapazitäten waren dem zunehmenden Ansturm immer weniger gewachsen. 1954 lag ein im Auftrag der SBB-Generaldirektion und des Zürcher Regierungs- sowie des Stadtrates angefertigtes Gesamtkonzept für die langfristige Entwicklung der Bahn im Kanton vor.

Erstmals Kantonsbeitrag für die Bahn

Daraus erwuchs 1957 das Projekt für den Ausbau der 36 Kilometer langen, einspurigen Linie am rechten Seeufer. Weder der Fern- noch der Gütertransitverkehr benutzten diese Strecke, so dass hier die Umsetzung ohne Behinderung des überregionalen Verkehrs möglich war. Man entschied sich für den Bau von zwei Doppelspurinseln zwischen Küsnacht und Herrliberg sowie Stäfa und Uerikon, damit sich die Züge auf diesen Abschnitten kreuzen konnten. Das erlaubte die Einführung des im Ausland erprobten Taktfahrplans mit halbstündigen Intervallen.

In Stäfa, Herrliberg, Erlenbach und Küsnacht entstanden neue Bahnhöfe. Der dichtere Fahrplan gebot zwingend die Aufhebung der zahlreichen Niveauübergänge mit Barrieren. An deren Stelle traten mit wenigen Ausnahmen Personen- und Strassenunterführungen. Das Projekt sah erhebliche Eingriffe in das beschauliche Dorfbild der neun Seegemeinden vor.

Entscheidend war die Frage der Finanzierung. Für die SBB ging die Rechnung nicht auf, standen den voraussichtlichen Kosten doch keine adäquaten Mehrerträge gegenüber. Der Ausbau der Vorortslinie diente der zürcherischen Siedlungspolitik und lokalen Bedürfnissen. Deshalb strebten die SBB eine Kostenbeteiligung der öffentlichen Hand an. Dieser Vorschlag war völlig neuartig. Das schweizerische Eisenbahngesetz von 1958 sah eine Bundeshilfe zur Förderung der Bahnen nur vor, sofern sich die Kantone angemessen an der Finanzierung beteiligten. Darauf erliess Zürich ein Gesetz, wonach der kantonale Anteil zur Hälfte von den betroffenen Gemeinden zu übernehmen war. Die SBB und Zürich einigten sich darauf, dass an die veranschlagten Gesamtkosten von 72 Millionen Franken für Bauten und Zugkompositionen der Kanton und die Seegemeinden je 5 Millionen beisteuern sollten.

Die Dörfer standen in voller Entwicklung und mussten etwa für Schulen oder die Abwasserreinigung bereits erhebliche Finanzmittel aufbringen. Dennoch bewiesen die Stimmbürger Weitblick und bewilligten bis 1961 in allen Seegemeinden die geforderten Anteile, die von 210 000 Franken (Uetikon) bis 818 100 Franken (Küsnacht) reichten. 200 000 Franken trug das sankt-gallische Rapperswil bei. Die Stadt Zürich wurde nicht in den Verteilschlüssel einbezogen. Im Oktober 1961 genehmigten die Stimmberechtigten mit grossem Mehr auch den Kantonsbeitrag.

Augenfälliges Symbol der neuen Epoche und der Stolz des rechten Seeufers waren die dreiteiligen, weinroten «Mirage»-Triebwagen. Markante Merkmale waren ihr hohes Beschleunigungs- und Bremsvermögen sowie die automatisch schliessenden Türen. Das ermöglichte kurze Haltezeiten von weniger als einer Minute und die Reduktion der Fahrzeit zwischen Stadelhofen und Rapperswil von über 60 auf knapp 40 Minuten. Dazu wurde der Sichtwagenbetrieb eingeführt: Gelbe Tafeln mit stilisiertem Auge markierten jene Abteile, die Inhabern von Sichtabonnementen reserviert waren und in denen das Zugpersonal nur noch stichprobenweise Kontrollen vornahm.

Unfallreicher Auftakt einer Erfolgsstory

Die Einführung des neuen Betriebs stand unter dem Vorzeichen von Rationalisierungen und Personaleinsparungen. Zugverspätungen, die den Takt durcheinanderbrachten, technische Probleme oder menschliches Fehlverhalten provozierten kurz nach der Eröffnung mehrere Unfälle, welche die Bevölkerung beunruhigten. Eine Frontalkollision zwischen Meilen und Herrliberg im Januar 1971 forderte mit 8 Toten den höchsten Blutzoll, zwei Monate später gab es beim nächsten Unglück in Uerikon 15 Verletzte. Davon abgesehen verlief der Betrieb zur allgemeinen Zufriedenheit und brachte erhöhte Fahrgastzahlen. Der «Goldküstenexpress» war die Erstgeburt der Zürcher S-Bahn und wurde damals gelegentlich als solche bezeichnet. Das sei, hielt Regierungsrat Ernst Brugger zur Eröffnung fest, erst der Anfang einer Entwicklung, die angesichts der rasanten Verkehrszunahme im Kanton zwingend auf weitere Bahnlinien auszudehnen sei.

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